Donnerstag, 31. Dezember 2009

Konzerte des Jahres 2009 - The French German

  1. Franz Ferdinand @Docks Hamburg / Hurricane Festival 09
  2. Maxïmo Park @Stadtpark Hamburg
  3. Bloc Party @Docks Hamburg
  4. Editors @Große Freiheit 36 Hamburg (inklusive großartiger Vorbands!)
  5. Whitest Boy Alive @Dockville Festival
  6. Mumford & Sons @Molotow Hamburg
  7. Beirut @Docks Hamburg
  8. Kings of Conveniece @Kampnagel Hamburg
  9. Bon Iver @Große Freiheit 36 Hamburg
  10. Dear Reader @Lido Berlin / Reeperbahnfestival (Grünspan Hamburg)
Eine sehr schwere Entscheidung in diesem Jahr, in dem ich wohl so viele Bands live gesehen habe wie nie zuvor - Großstadtleben und Vollzeitjob mit anständiger Bezahlung sei Dank. So schaffen es großartige und beeindruckende Konzerte nicht in meine Jahres-Top-Ten, die dennoch allesamt sehr sehenswert waren, wie Muse, The Rifles, Bishop Allen, HErman Düne oder auch der unvergessliche Abend im Uebel & Gefährlich beim Reeperbahnfestival mit Reverend and the Makers und WhoMadeWho. Hoffentlich hat 2010 bezüglich Livemusik genausoviel zu bieten!

Konzerte des Jahres 2009- Kronenburg1664

1. The Asteroids Galaxy Tour @ Southside Festival
2. The Whitest Boy Alive @ Dockville Festival Hamburg
3. Bishop Allen @ Swamp Freiburg
4. Franz Ferdinand @ Southside Festival
5. The Gaslight Anthem @ Southside Festival
6. Dear Reader @ Reeperbahn Festival Hamburg
7. 17 Hippies @ Jazzhaus Freiburg
8. Element of Crime @ Dockville Festival Hamburg
9. Kitchen and the Holy STrings @ B-Scene Feszival Basel
10. Shantel Bucovina Club Orkestar @ Jazzhaus Freiburg

Mittwoch, 30. Dezember 2009

Alben des Jahres 2009 - The French German

  1. Maxïmo Park - Quicken the Heart
  2. Mumford and Sons - Sigh No More
  3. Noah and the Whale - The First Days Of Spring
  4. Scott Matthew - There is an Ocean That Divides
  5. The View - Which Bitch?
  6. Bishop Allen - Grrr
  7. The Airboren Toxic Event - The Airborne Toxic Event
  8. Jamie T - Kings & Queens
  9. Dear Reader - Replace Why with Funny
  10. White Lies - To Lose My Life

Alben des Jahres 2009 - Kronenburg1664

  1. Bishop Allen - Grrrr
  2. Maxïmo Park - Quicken the Heart
  3. Dear Reader - Replace Why with Funny
  4. The Asteroids Galaxy Tour - Fruit
  5. Element of Crime - Immer da wo du bist bin Ich nie
  6. The Whitest Boy Alive - Rules
  7. Les Trucs - Schönen Gruß vom Getriebe
  8. Dredg - The Pariah, The Parrot, The Delusion
  9. Them Crooked Vultures - Them Crooked Vultures
  10. Animal Kingdom - Signs and Wonders

Immerhin zwei deutsche Bands in den Top Ten, es wird besser! Nächstes Jahr könnte aber wieder ein gutes Jahr für die deutsche Musikszene werden u.a mit neuen Alben der Beatsteaks und von Tocotronic.
Sonst ein international bunter Mix: USA, UK, Dänemark und Norwegen sind noch vertreten.

Mittwoch, 23. Dezember 2009

Letzte Konzerte des Jahres

Das sehr reichhaltige Konzertjahr 2009 fand im Dezember mit zwei letzten Clubkonzerten seinen Abschluss. Recht spontan ging es zunächst an einem Samstag Abend zu einem kleinen Acoustic-Set der Fotos (mit halber Besetzung) im Haus III&70. Ich hatte Besuch von meiner Schwester, die es in Hamburg auszuführen galt. Nach einem anstrengenden Weihnachtsshoppingtag waren wir nicht unglücklich, dass es ein Sitzkonzert werden sollte, wobei alle Plätze belegt waren. Tom und Dennis, die beiden Gitaristen der jungen deutschen Band, beendeten an diesem Abend ihre kurze Tour. Sie sollten akustische Versionen einiger bekannter Fotos-Songs zum Besten geben sowie einige neue Songs vorstellen. Das klingt alles sehr gut, wobei mir die Songs in der „normalen“ Version, also mit etwas mehr Druck und Tempo, besser gefallen. Allerdings konnte man in dieser ruhigen Atmosphäre die Texte besser fassen. Dazu kommt, dass Toms Stimme nicht immer einwandfrei mitmachte was sicherlich auch an der durchzechten Berliner Nacht am Abend zuvor liegen könnte. Man darf sich auf jeden Fall auf das nächste Album freuen.

Wenige Tage später machte ich mich ein weiteres Mal auf den Weg ins Molotow, noch einmal in ein ausverkauftes Konzert. Das bedeutet zwar im Molotow reger Körperkontakt mit den anderen Konzertbesuchern, dafür ist dann auch immer eine exzellente Stimmung garantiert. So auch an diesem Abend beim ersten ausverkauften Headlinerkonzert von Frank Turner in Deutschland. Der Folk-Punk-Singer-Songwriter hat sich nach seinem dritten Soloalbum und zahllosen Auftritten als Vorgruppe inzwischen eine treue Fanbase erspielt. Wie kürzlich bei Mumford & Sons war das Publikum heute sehr textfest. Egal, welcher Song von der exzellenten und gut aufgelegten Begleitband angespielt wurde, er wurde mit Jubel begrüßt und oftmals) lauthals mitgesungen. Frank Turner selbst konnte es kaum fassen, ließ sich von der guten Stimmung mitreißen und war vom deutschen Publikum selbst ganz begeistert. So sehr, dass er sich, bereits seines T-Shirts entledigt, zu zwei ungeplante Zugaben auf die Bühne zurückklatschen ließ. So endete das Konzert mit einer Coverversion… Dancing Queen von ABBA. Und das Publikum war natürlich lauthals mit dabei!

Nich unverwähnt bleiben soll übrigens die sehr launige Vorband, Jakko & Jay. Das sind zwei sehr gut gelaunte Acoustic-Punker aus Finnland. Sie hätte vielleicht nur etwas weniger zwischen den Stücken plaudern können. Und erklären, worum es in jedem einzelnen Lied geht, das ist auch nicht unbedingt nötig. Dennoch ein sehr spaßiges Duo.

Freitag, 4. Dezember 2009

Donnerstag: Folkheld in der Fabrik – Devendra Banhart

Angesichts der nicht ganz günstigen Ticketpreise habe ich ein wenig gezögert, bevor ich mich entschied, zu diesem Konzert zu gehen. Es ließen sich denn auch sicherlich einige durch den Eintrittspreis abschrecken, denn es war erstaunlich wenig los in der Fabrik an diesem Abend. Immerhin spielte hier Devendra Banhart auf, seit Jahren von der Musikpresse als Genie gefeiert und gerne zur Speersitze der „New Weird Folk“-Bewegung erklärt. Nun, alle, die nicht da waren, haben was verpasst.

Es gibt keine Vorband, gegen 21:30 Uhr kommt Devendra mit seiner Begleitband, The Grogs, auf die Bühne. Der Bart, für die Promofotos zum (sehr guten) neuen Album What Will Be Will Be abrasiert, steht wieder und es geht gleich los mit der ersten launigen Nummer. Die Qualität der Band muss hervorgehoben werden, eine Wahre Supergroup. Bis auf den Bassisten sind dies alles mehr oder weniger prominente Musiker, die sich zumindest in der Szene einen Namen gemacht haben: Am Schlagzeug Greg Rogove (Megapuss, Priestbird), an den Gitarre Noah Georgeson (Produzent der drei letzen Devendra Banhart Alben und selbst Songwriter) sowie Rodrigo Amarante (Little Joy, Los Hermanos). Um dem Rechung zu tragen findet sich im Set jeweils ein Song der Bandmitglieder, eine Geste, welche die gegenseitige Wertschätzung der Bandmitglieder füreinander bezeugt.

Die Herren auf der Bühne sind denn auch sehr gut gelaunt, es wird geblödelt, sowohl zwischen den Stücken als auch bei deren Auswahl (es wird ein Simon and Garfunkel Song angespielt, und „Adam Green zu Ehren“ der Klassiker „Heart and Soul“). Zwischendurch beweist verlässt die Band die Bühne und Devendra beweist Soloqualitäten. Insgesamt gibt es sehr viel vom aktuellen Album und ausgewählte Stücke aus dem Gesamtwerk des Künstlers, wobei teilweise sehr altes Material zum Zuge kommt. Auf Wünsche des Publikums wird eher wenig eingegangen, doch das wird gerne verziehen, da das fast zweistündige Set als ein Highlight wohl bei den meisten Anwesenden in guter Erinnerung bleiben wird. Ein Lichtblick in diesen grauen Dezembertagen.

Donnerstag, 3. Dezember 2009

Mittwoch: Mit den Indie-Kids bei Auletta

Auf dem Reeperbahnfestival hatte ich statt Auletta lieber Broken Records angeschaut, mit der Vorahnung, dass erstere sicherlich bald wieder nach Hamburg kämen, was dann tatsächlich der Fall war. Die jungen Mainzer sehen aus wie Poster-Boys der Indie-Generation, doch es ist durchaus auch Substanz dahinter. Die Riffs der Songs kommen einem von den vielen britischen Indiebands zwar bekannt vor, „Schlagt Alarm“ klingt gar wie eine deutsche Version von „I Predict A Riot“. Kaiser Chiefs, Wombats und Co. gehören sicherlich auch zu den musikalischen Inspirationen von Auletta, die es aber wagen, ihre Indie-Partyhits auf Deutsch zu singen. Erstaunlich, dass das bisher kaum einer gemacht hat, des es kommt bei den Kiddies sehr gut an! Ich gehörte vermutlich zu den 10 ältesten Personen, die in der Prinzenbar an diesem Abend anwesend waren und durfte mir mit ansehen, wie das junge Volk, teilweise wohl nicht mal mehr im selben Jarhzehnt geboren wie ich, großes Vergnügen hatte. Die Texte saßen, es wurde getanzt und die Späßchen der Band kamen an. Die Musik darf man in meinem Alter trotzdem noch mögen.

Dienstag, 1. Dezember 2009

Montag: Port O’Brien im Molotow

Kalt war es heute auf dem Fahrrad zum Konzert, doch es hat sich gelohnt, der Kälte die Stirn zu bieten. Es war mal wieder ein Folkabend angesagt im Molotow, das für einen Montag gar nicht so schlecht gefüllt war.

Als Vorband spielten heute zwei junge Damen, die bei Erscheinung ihres Debütalbums Anfang 2010 die nächst Folk-Neuentdeckung sein dürften: First Aid Kit. Die beiden Schwestern sind blutjung (Klara ist 15!) und haben beide perfekte Folkstimmen. Deren Musik erinnert and die Folkheldinnnen der 60er und 70er Jahre, so war denn auch ein Cover eines Buffy Sainte-Marie Songs eines der Highlights des Sets. Das zweite war ebenfalls eine Coverversion, gesungen OHNE Mikro mitten im Publikum. Wenn das mal keine Gänsehaut garantiert. Das Publikum feierte die beiden so sehr, dass sie – für eine Vorband durchaus bemerkenswert – für eine kurze improvisierte Zugabe („Blue Christmas“ von Johnnie Cash, nur kurz angespielt) zurück auf die Bühne kamen.


Auch der Headliner des Abends machte diesen sehr lohnenswert. Port O’Brien, seit neuestem in San Francisco ansässige Alaskaner, bezauberten ihre Zuhörer im Molotow mit ihren folk-rockigen, teilweise recht eingängigen Stücken. Cambria Goodwin, die Mitgründerin der Band, war leider nicht dabei, doch davon merkte man nichts. Das gut einstündige Set entließ einen restlos glücklich zurück in die kalte Nacht, durch die ich mit „I Woke Up Today“ im Kopf nach Hause radelte.

Samstag, 21. November 2009

Perfekt – Mumford & Sons im Molotow

Mumford & Sons sind DIE musikalische Entdeckung dieses Herbstes. Wer dachte mit den Fleetfoxes sei das Ende der Fahnenstange bezüglich hammerguter Folknewcomer erreicht, hat sich getäuscht. Die Engländer Mumford & Sons toppen das noch.

Noch ganz euphorisch vom Editors-Konzert des Vortags ging ich an diesem Mittwochabend ins ausverkaufte Molotow. Zunächst spielte Kristoffer Ragnstam mit seiner Band. Der sehr amerikanisch klingende, rhythm-and-bluesige Rock der Schweden war genau das richtige, um das Publikum des bereits sehr gut gefüllten Molotow in Stimmung zu bringen. Herr Ragnstamm hätte ein wenig mehr Aufmerksamkeit der Musikpresse verdient.

Nach recht langem Soundcheck ging es dann auch mit Mumford & Sons los, und alles stimmte. Zitieren wir die Band: „We love playing in Germany. You Germans are such a respectful audience. When you’re supposed to be quiet, you’re quiet. When you’re supposed to be loud, you’re loud.” Genau so war es, doch wenn auf der Bühne alles passt, dann stimmt auch die Reaktion des Publikums. Dieses kennt die Stücke erstaunlich gut, es wird viel mitgesungen, gejubelt, getanzt und sich gefreut, bei der Tour von einem noch Geheimtipp dabei zu sein, der bald in größeren Clubs spielen wird, wenn die Welt gerecht ist. Ich denke, so ähnlich muss es gewesen sein, frühe Arcade Fire Konzerte zu besuchen.

Die Musik will ich nicht in Worte fassen, lassen wir sie für sich sprechen. "Little Lion Man", die aktuelle Single, war eines der vielen Höhepunkte des Konzerts.


Gibt es hier noch was hinzuzufügen? Ja: Gespielt wurde das komplette Album Sigh No More, plus ein neuer Song („Sister“). Und eine Frage: Wann kommt Mumford & Sons wieder nach Hamburg?


Donnerstag, 19. November 2009

Feels Like a Mini Festival – Wintersleep, The Maccabees & Editors

Die Editors waren diesen Sommer beim Hurricane Festival eine Enttäuschung gewesen. Deshalb habe ich lange überlegt, bevor ich mit meine Karte für das Konzert in der Großen Freiheit 36 gekauft habe. Entscheidend war schlussendlich, dass für diese Tour zwei hochklassige Vorbands gebucht wurden, auf die ich mich fast mehr freute als auf den Headliner. Allerdings sollte dieser dann doch überraschend der absolute Höhepunkt eines der besten Konzertabende seit langem sein.

Auf der Konzertkarte stand zwar Beginn 20 Uhr, doch um zwanzig vor acht, als ich den Saal betrat, spielte Wintersleep schon. Gut, dass mir so was schon gedacht hatte. Schade jedoch, dass ich damit nicht das komplette Set dieser wunderbaren kanadischen Indierock Band mitbekommen habe. Als erste von zwei Vorbands war Wintersleep naturgemäß viel zu kurz auf der Bühne, doch allein wegen des ausgedehnten letzten Stückes, „Miasmal Smoke and the Yellow-Bellied Freaks“ lohnt sich der Auftritt. Ein viertes Album wurde gerade aufgenommen, man kann also im nächsten Jahr auf eine Headlinertour hoffen.

Auch the Maccabees zählen seit ich ihr erstes Album Colour It In entdeckt habe zu meinen Lieblingsbands. Sie sind zwar ohne weiteres der britischen Indie-Rock-Szene zuzuordnen, haben jedoch ihren eigenen charakteristischen Sound gefunden. Der Gesang ist eher getragen, doch er ist untermalt von recht flotten und oft eher hohen Gitarren-Hooklines. Die Band lebt besonders vom Zusammenspiel der zwei bis drei Gitaristen. Amüsant ist auch das Erscheinungsbild auf der Bühne. Während der Sänger ein oberprolliges, doch schüchternes Erscheinungsbild abgibt, nicht ganz passend zum klassischen Idie-Bühnenhelden, ist Gitarist Hugo White (sein Bruder Felix bedient die andere Gitarre) ganz der Poser. Lustig ist auch die Angewohnheit der Gitaristen, ihre Instrumente extrem hoch zu tragen, quasi auf der Brust.

Jedenfalls ist auch dies ein sehr kurzweiliges Set, dominiert von Songs aus dem zweiten und neuesten Album Wall of Arms. Ich hoffe, auch die Maccabees auch bald noch einmal etwas ausgedehnter als Headliner sehen zu dürfen, denn auf einer etwas kleineren und dunkleren Bühne sind sie deutlich eher an ihrem Platz als bei Tageslicht auf der Bühne des Stadtparks.

Bereits um kurz von halb zehn legten dann schon die Editors los. Ich war wie gesagt im Vorfeld etwas skeptisch, nicht nur aufgrund der Erfahrung bei Hurricane Festival, sondern auch weil ich das letzte Album zwar ganz nett fand, doch nicht so ganz überzeugt war. Insbesondere fragte ich mich, ob das neue, weniger rockige Material live gut rüberkommen würde.

Nun, der Hurricane-Auftritt ist vergessen. Erstens sind die Editors keine Band für das Tageslicht, zweitens waren sie dort vermutlich nicht in Form und drittens müssen die paar dort vorab vorgestellten neuen Stücke noch nicht so gut gesessen haben. Denn heute Abend stimmte alles. Editors sind nicht mehr Interpol für arme, sie sind die Editors. Egal ob ein Stück aus dem ersten, zweiten oder dritten Album gespielt wurde, es passte einfach. Das Zusammenspiel sitzt perfekt, die Selbstdarstellung auf der Bühne ist authentisch und sieht gut aus (auch dank der guten Lichtshow mit LED-Wand als Hintergrund), ohne abgehoben zu sein. Und die Band hat augenscheinlich viel Spaß an der Sache.

Dargeboten werden im gut 90-minütigen Set eine gute Mischung aus den Stücken des aktuellen Albums In This Lighht And On This Evening und den beiden anderen Werken, plus ein alter non-Album Track. Meine persönlichen Highlights: „Eat Raw Meat = Blood Drool“, „Papillon“, „Bones“ und ja, „Smokers Outside The Hospital Doors”. Letzteres wurde zwar im Formatradio vernudelt, ist aber nichtsdestotrotz ein Hammersong.

Das ist die Magie von Livemusik, sie versöhnt einen mit der Musik von Bands, die man vielleicht nicht mehr ganz so liebte. Wider erwarten gehörte der Auftritt der Editors zum besten, was ich dieses Jahr gesehen habe.

Montag, 16. November 2009

Kurz und knackig – Phoenix im Docks

Die Vorband fiel aus (oder war ich zu spät? ich glaube nicht), das war sehr schade, denn auf Noah and the Whale hatte ich mich genauso gefreut wie auf die Hauptattraktion des Abends: Phoenix. Dies machte das ganze zu einer nicht besonders ausgedehnten, doch nicht weniger besuchenswerten Veranstaltung.

Phoenix sind eine sichere Bank. Mit ihrem luftig leichten und stets gutgelaunten Sound haben sie sich nach vier Alben eine ansehnliche Fangemeinde erspielt, die an diesem Abend das Docks füllte. Die Musik hat was von Air und Daft Punk, doch ist dabei klar im Rock verwurzelt.

Zu beklagen gibt es an diesem Auftritt nichts, außer dass vielleicht ein paar Songs mehr hätten gespielt werden können. Indie Coverboy und Phoenix-Frontmann Thomas Mars ist in Hochform, begeistert durch seine sehr ansehnliche Live-Stimme und seine Bühnenpräsenz. Phoenix spielt gekonnt und routiniert das Programm des Abends herunter, ohne viel Gelaber zwischendurch. Der Einstieg mit „Lisztomania“ ist perfekt, ebenso das Ende mit einer ausgedehnten Version „1901“, inklusive einem Bad in der Menge für Thomas und zur Krönung die Einladung zum Bühnenbestürmen für das Publikum. Dazwischen gibt es das Beste, was Phoenix musikalisch zu bieten hat. Ein passender Kontrakunkt zur üblichen Tanzbarkeit der Songs sind dabei die ersten beiden Zugaben, Akustikversionen von „Everything is Everything“ und „Playground Love“. Kurzweilig und extrem lohnenswert, diese Franzosen!

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Mittwoch, 4. November 2009

Solide, aber ausbaufähig – White Lies in der Markthalle Hamburg

Joy Division ist die Referenz schlechthin für düstere Rockmusik aus den frühen 80er Jahren. In unserem aktuellen Jahrzehnt erleben einige Bands einen durchaus bemerkenswerten Erfolg, die sich von der Musik von Joy Division inspirieren ließen beziehungsweise sehr ähnliche Musik herausbringen. Allen voran ist natürlich Interpol zu nennen, unter den aktuellen Joy-Division-Avataren die ersten, die den Durchbruch schafften und deren Qualität unerreicht ist. Seither folgten weitere, wie die leider nach einem Album wieder aufgelösten The Departure, die Editors sowie nun auch die White Lies.

Letztere haben mit ihrem ersten Album To Lose My Life… einen beachtlichen Erfolg gelandet (u.a. mit Platz eins der britischen Albumcharts) und füllen inzwischen auch im restlichen Europa mittelgroße Clubs. Da die Editors mit ihrem neuestem Album die Rolle der „Interpol für Arme“ durch einen gewissen Shift von düsteren Gitarrenklängen zu düstere Synthieklägen vakant gelassen haben(wie das live klingt werde ich in zwei Wochen feststellen), können nun die White Lies in die Bresche springen. Deshalb wurde das Konzert in Hamburg auch kurzfristig vom Uebel&Gefährlich in die Markthalle verlegt, da das gut ankommt.

Die Qualität der Musik der White Lies reicht zwar nicht an Interpol heran, man sollte teilweise nicht allzu genau auf die Texte hören. Doch es sind catchy Refrains dabei und es wird die für die Art von Musik richtige Stimmung erzeugt. Auch live wird das rübergebracht. Die Markthalle war gut gefüllt, man ließ das Publikum ein bisschen warten, dann traten die vier (mal wieder erschreckend jungen) Briten auf die Bühne und legten gleich mit dem Song los, den ich am liebsten mag, „Farewell to the Playground“. Beim Refrain entstand ein 10-Leute Mini-Pogopit, ein wenig lächerlich bei dieser insgesamt nicht wirklich zum Rumspringen einladenden Musik, doch immerhin war für Stimmung gesorgt. Das Set des Abends enthielt das komplette Album, die beiden Non-album-Tracks „Taxidermy“ und „You Still Love Him“, sowie als erste Zugabe ein Talking Heads Cover („Heaven“). Das ergab eine gute Mischung, bei der eindeutig die Hits „To Lose My Life“ und besonders „Death“ die Höhepunkte bildeten.

Insgesamt sorgten die doch durchgehend guten Lieder für ein sehr schönes Konzert. Die Band performte solide, doch man merkte ihr die noch relativ junge Bandgeschichte an. Die eigentlich markante, recht volle und mächtige Stimme von Sänger Harry McVeigh steht nicht immer hundertprozentig. Auch gibt es sonst zwischendurch kleinere Unsicherheiten, die bei einer routinierteren Band nicht passieren würden. Das soll aber den sehr positiven Gesamteindruck des Abends nicht stören. Optisch stimmt jedenfalls schon jetzt alles (schöne Lichteffekte, ein transparentes Kunststoffschagzeug, etc.). Bei der Tour zum zweiten Album wird es sicher nichts mehr zu meckern geben. Vermutlich muss dann auch schon das Docks gebucht werden.

Samstag, 31. Oktober 2009

Ich geh lieber zu Clubkonzerten – Muse in der Color Line Arena

Eigentlich war alles gut durchgeplant: Rückkehr von einer Geschäftsreise am späten Nachmittag, um mich gemütlich auf das Konzert am Abend vorzubereiten. Leider ging etwas schief: Ich verpasste den Flug in Paris, sodass Muse gerade begonnen hatte zu spielen, als ich in der Color Line Arena ankam. Ich verpasste deshalb das (wie ich danach hörte) spektakuläre Opening des Sets, als ich meinen Platz im Innenraum der Arena einnahm erklangen gerade die letzen Töne von „Resistance“, dem zweiten Stück.

Lange hatte ich darüber nachgedacht, ob ich die gut 50 Euro für dieses Konzert investieren sollte – so lange, dass ich fast keine Innenraumkarte mehr bekommen hatte. Umso erstaunter war ich, wie wenig Zuschauer in diesem Hallenbereich standen. Man konnte sich besser nach vorne arbeiten, als bei jedem mittelgroßen Clubkonzert. Schlussendlich war ein Standort nicht allzu nah an der Bühne ohnehin angebracht, denn Muse hatten bezüglich der Showelemente geklotzt, es empfahl sich, ein Blick aufs Gesamte zu behalten: Drei Türme, auf denen die drei Mitglieder der Band nach belieben in die Höhe gefahren werden konnten – der Schlagzeugerturm war gar um 360° drehbar – und wieder im Bühnenboden verschwanden. Die Türme dienten gleichzeitig als Projektionsfläche für Videoinnstallationen, auch die Lichteffekte waren nicht von schlechten Eltern. Dazwischen konnten die drei Herren von Muse, allen voran Sänger Matt Bellamy, bestens posen. Für die Augen war also einiges geboten.

Auch an der Musik gibt es nichts auszusetzen. Wer den Sound von Muse mag, kommt auf seine Kosten. Mit ihrer Mischung aus Indieriffs, Metal- und Progelementen sowie dem Bombast des 80er-Jahre Rocks (auch Queen wird auf dem neuesten Album zitiert) haben die Briten längst den Mainstream erobert. Der Schwerpunkt des Sets liegt noch stärker als ich gedacht hätte auf dem aktuellen Album The Resistance. Die Stücke, die mich auf Platte nicht alle gänzlich überzeugten, wirken live exzellent. Allen voran „United States of Eurasia“ und „Unnatural Selection“. Einzig die Ouverture der Exogenesis-Symphony wirkt als erste Zugabe etwas Fehl am Platz, es kommt naturgemäß zu viel aus der Konserve. Übrigens wird Muse auf der Bühne während des ganzen Konzerts von einem vierten Mann am Keyboard unterstützt, der aber weitgehend im Dunkeln bleibt.

Beim Publikum kommt ohnehin eher Begeisterung auf, wenn älteres Material gespielt wird. Auch für mich die Höhepunkte des Sets: „Cave“, sowie „Knights of Cydonia“ als krönende letzte Zugabe mit (nichts gerade originellem, aber durchaus passendem) Spiel-mir-das-Lied-vom-Tod-Intro. Danach konnte eigentlich nichts mehr kommen. Ein etwas längeres Set hätte ich mir für mein Geld schon gewünscht, zumal einige Songs, mit denen ich fest gerechnet hatte („Muscle Museum“) fehlten. Ich hätte dafür gerne auf Teile der aufwändigen Bühnenshow verzichtet.

Ein wenig zwiegespalten bin ich bezüglich der Stimmung in der Halle. Einerseits brauchte man nur um sich zu blicken, um die glücklichen Gesichter im Publikum zu sehen. Die allermeisten freuten sich augenscheinlich, da zu sein, alle Zuschaer auf den Rängen standen. Dennoch kam nicht wirklich Stimmung auf. Ob das an der Location oder an der komplett durchgestylten Show lag kann ich nicht beantworten. Clubkonzerte sind jedenfalls authentischer. Das Geld war’s zwar wert, doch mein primäres Ziel bei einem Konzertbesuch ist die Musik – wenn sie gut ist wirkt sie auch ohne Show.


Montag, 12. Oktober 2009

Kilians – Hjaltalín – Kings of Convenience

In Zeiten der Krise muss man effizient sein und Synergieeffekte nutzen. Deshalb gibt’s meine Konzerte der letzen beiden Wochen zusammengefasst in einem Post.

Beginnen wir mit einer etwas gestörten Aktion, einer Fahrt von Hamburg nach Hannover an einem Mittwochabend und das, um die Kilians anzuschauen. Nun, die Tour im Frühjahr war wegen Stimmversagen des Sängers verschoben worden, das Hamburger Nachholkonzert fiel auf einen ungünstigen Termin (zeitgleich mit Maxïmo Park) und jemand hatte eine Karte für das Hannoveraner Konzert abzugeben. Da schlägt man zu, denn ich finde die Kilians sind eine großartige Band.

Bereits nach dem ersten Kilians Konzert, das ich in Berlin gesehen hatte, war ich sehr angetan von dieser Gruppe aus der deutschen Provinz, die klingt wie die besten The-Bands des angelsächsischen Indie-Hypes. Daran hat sich nicht geändert. Allerdings war es schon seltsam, inmitten von Provinz-Kiddies (das soll jetzt nicht überheblich klingen, doch es gibt schon einen deutlichen Unterschied zwischen Hamburger und Hannoveraner Konzertgängern) zu stehen und Anfang-Zwanzigern auf der Bühne zu bewundern. Gelohnt hat es sich jedoch, denn die Kilians sind und bleiben live sehr sehens- und hörenswert. Selbst die Laberei zwischen den Stücken, die sich Sänger Simon den Hartog wohl auf Tour von Thees Uhlmann abgeschaut hat, ist nicht nur dummes Zeug und hält sich gerade noch so in Grenzen. Ein Erfolg über die jugendliche Zielgruppe hinaus wäre ihnen sehr zu gönnen.

Eine gute Woche später, zurück in den vertrauten Hamburger Clubs, genauer gesagt in der wunderbaren Prinzenbar. Hier spielt die nicht weniger wunderbare isländische Band Hjaltalín. Auf dem Dockville Festival war die Siebener-Combo etwas unter Wert als Opener für den ersten Festivaltag auf die Bühne geschickt worden, deshalb war ein Konzertgang in intimerer Clubatmosphäre angebracht. Man staunt immer wieder, wie ein Dreihunderttausend-Einwohner-Ländchen wie Island immer wieder innovative Bands hervorbringt und damit die Musikwelt bereichert. Im Musikmagazin meiner Wahl wurde die Theorie in den Raum gestellt, das läge daran, das man auf dem isländischen Musikmarkt ohnehin nicht von seinem künstlerischen Schaffen leben könne und die Bands dort deshalb nicht auf musikalischen Erfolg aus seien.

Nun, das kann sein, jedenfalls hat Hjaltalín neben seiner Herkunft ein weiteres Alleinstellungsmerkmal: es ist die einzige Rockband die ich kenne, bei der eine Fagottistin fester Bestendteil der Band ist. Die siebenköpfige Gruppe um Sänger Högni spielt orchestralen Folk, der spaß macht und interessant klingt. Beim Konzert in der Prinzenbar kam eine erstaunliche Vorliebe der Band für Disco zutage, die sich nicht nur während des Sets durch eine neue Eigenkomposition, sondern auch in der Zugabe äußerte, in der eine etwas eigenwillige Version von Michal Jacksons „Don’t Stop 'til You Get Enough“ dargeboten wurde“. Ein Genuss.

Einen vorläufigen Höhepunkt dieser herbstlichen Konzertsaison durfte ich am vergangenen Samstag erleben. Nach längerer Schaffenspause (in dieser Konstellation) waren die Kings of Convenience anlässlich ihrer Tour zu ihrem gerade erschienenen dritten Album Declaration of Dependance in der Stadt, genauer gesagt im Kampnagel. Das dortige K6 erwies sich als gute Wahl für dieses Konzert, da die Kombination aus Sitzplatztribüne und Stehplätzen vor der Bühne trotz der Größe des Saals eine recht intime Atmosphäre ermöglichte. Beim ruhigen Acoustic-Folk der Kings of Convenience war das ein eindeutiges Plus. Stichwort ruhig: die einen finden die Musik der beiden Norweger Erlend Øye und Eirik Glambek Bøe langweilig, die anderen wunderschön. Doch noch mehr werden vermuten, dass deren Konzerte mit Sicherheit Langeweile versprechen. Nun, genug Menschen denken das nicht, denn das Konzert im Kampnagel war langes schon ausverkauft.

Diejenigen, die sich frühzeitig Karten ergattert hatten, wurden durch ein absolutes Konzerthighlight belohnt. Es begann zugegeben etwas ruhig, Herr Øye wirkte anfangs etwas verstimmt. Das legte sich schnell. Die erste Hälfte des Konzert bestritten die beiden Herren alleine auf der Bühne, jeder eine Akustikgitarre bespielend. Erstaunlich, was man mit diesen Instumenten für eine Stimmung erzeugen kann, wenn man sie so gut beherrscht. Dazu die perfekt harmonierenden Stimmen der beiden Herren. Dann wurde Verstärkung geholt, von einem (Contra-)Bassisten und einem Violonisten. Nun wurde die Musik noch Stimmungsvoller. Waren zu Anfang noch die ruhigeren Songs des neuen sowie des ersten Albums Quiet is the New Loud gespielt worden, kamen im diesem zweiten Konzertteil die etwas schwungvolleren Stücke von Riot on an Empty Street zum Zuge. Das Publikum war entzückt.

Das Konzert ist im Übrigen alles andere als Langweilig. Die Herren Øye und Bøe kommunizieren ganz gern mit dem Publikum und haben offensichtlich sehr viel Spaß am spielen. Es gibt Witze, Croudpleaser, Audience Participation und es wird nach Wünschen des Publikums gefragt. Diese kann man auch ganz gut breücksichtigen, wenn man, wie wir erfahren, keine Setlist hat. Nun, „I’d Rather Dance…“ wurde dennoch erst als letzte Zugabe gespielt. Soviel Planung war schon drin. Zudem hatten die beiden nicht genug von ihrem etwa 100 Minütigen Set, Erlend Øye (übrigens der absolute Obernerd, man kann sich nur amüsieren, wenn man ihn anschaut) hatte noch spontan eine Aftershow-Party in einem Nebenraum des Kampnagel organisiert, wo er dann das beste aus der Musiksammlung seines Laptops zum besten gab. Übrigens eine durchaus überraschende Mischung. Und Mittendrin amüsierte sich am meisten: die Band.

Eins noch, das ich an dieser Stelle loswerden will: Während des Konzerts stellt Eirik Glambek Bøe eine Frage in den Raum, die viel über die deutsche Radiolandschaft aussagt. Er berichtete, dass eine italienische Freundin ihm schrieb, sie sei genervt, weil die aktuelle Single der Kings Of Convenience „Mrs. Cold“ im italienischen Radio zu Tode gespielt werde. „How come we are considered a mainstream band in Italy and, well, difficult in Germany?“ Nun, das frage ich mich auch! Und in der Tat: Platz 5 der Italienische Radio-Airplay-Charts.

Dienstag, 29. September 2009

Reeperbahnfestival 09 - Tag Drei

Samstag begaben wir uns bereits sehr frühzeitig Richtung Kiez. Wir wollten nicht nur rechtzeitig um halb acht für The Cinematics im Docks sein, sondern vorher noch in Schmidt’s Theater zum Meet&Greet with Ray. Klingt ein wenig cheesy, war aber eine richtig nette Veranstaltung. Ray Cokes, bekannt aus frühen MTV Europe Zeiten, begrüßte auf der Bühne des Theaters in relativ intimer Atmosphäre einige der Künstler, die an diesem Abend auftreten sollten. Heute mit dabei: Dear Reader, Hellsongs, Animal Kingdom, Fight Like Apes sowie Heidi Happy. Jeder Künstler darf ein bis zwei Akustik-Songs darbieten und anschließend zum Smalltalk auf die Couch, dazu gibt’s immer gleich ein Paar Drinks. Ein guter Vorgeschmack auf den Abend, zumal wir einige der Bands noch einmal sehen sollten.

Nun ging es aber richtig los, und zwar mit The Cinematics im Docks. Die Musik dieser wunderbaren Band klingt ein wenig düster, zu ihren Inspirationen gehören sicherlich Joy Division. Gleichzeitig ist das ganze jedoch sehr tanzbar. Seltsam, dass The Cinematics so früh auf die Bühne geschickt und somit etwas unter Wert verkauft wurden. Allerdings war durchaus schon ein zahlreiches Publikum da, um die vier zu bejubeln.

Der Versuch, im Molotow das Ende des Sets der Fight Like Apes anzusehen scheiterte am großen Andrang, sodass wir gemütlich im Vorraum bei einem Bierchen der Musik lauschten und alsbald in die Große Freiheit 36 weiter zogen, wo der Auftritt von Jupiter Jones bevorstand. Es handelt sich dabei um eine Deutsch-Pop-Rock Band aus der Eiffel, deren Musik was von KettCar hat, mit weniger geistreichen Texten und mit einem kleinen Einschlag Tote Hosen. Teilweise ist man jedoch auch hart an der Grenze zu JuliSilbermond. Man kann sich gut vorstellen, wie sich junge Männer aus der Provinz zum Gesang von Nicholas Müller bierselig in den Armen liegen.

Nun trennten sich unsere Wege. Während Rémi seiner beim Hurricane Festival entdeckte Liebe zu Asteroids Galaxy Tour im Knust fröhnte, begab ich mich zurück ins Docks. Angesichts der Schlange fürchtete ich, es nicht mehr in das Konzert von Friska Viljor zu schaffen, doch die fröhlichen Schweden begannen gerade zu spielen, als ich die volle Halle betrat. Kaum zu glauben, dass ich die Band vor drei Jahren noch im Vorprogramm von Eagle*Seagull vor recht spärlichem Publikum im Karlsruher Substage gesehen hatte. Friska Viljor folgen noch immer demselben Rezept und spielen lustige melodische Trinklieder für Indie-Kids, wobei gerne ins Falsett gewechselt wird. Ein Spaß ist das allemal. Ich bin gespannt auf das im Oktober erscheinende dritte Album, denn die Stücke, die daraus dargeboten wurde waren eher der ruhigeren Art.

Ich wechselte schnell hinüber ins Molotow zur Band, die für mich persönlich die Entdeckung des Festivals sein sollte: Animal Kingdom. Ray Cokes hatte die vier Bilderbuch-Indiejungs in seiner Show (s.o.) mit Radiohead und Coldplay (als diese noch gut waren) verglichen. Das mag vielleicht noch ein wenig hoch gegriffen sein, doch die recht weibliche Gesangsstimme von Richard Sauberlich erinnert tatsächlich ein wenig an Thom Yorke. Die Musik ist jedenfalls wunderschön, das gerade erschienene Album Signs and Wonders wird es sicherlich auf die Jahresbestenlisten schaffen. Die Band war erstmals in Deutschland und hocherfreut, dass sie so gut beim Publikum ankamen. Ich hoffe, dass sie bald wieder nach Hamburg kommen.

Den Abschluss unseres heutigen Programms bildeten alte Bekannte, Dear Reader aus Südafrika. Ich sah diese sehr liebenswerte band bereits zum dritten Mal in diesem Jahr und es ist jedes Mal ein schönes Erlebnis. Man kann geradezu verfolgen, wie Dear Reader an Routine und Erfahrung auf Europas Bühnen gewinnt. Cherilyn MacNeil wickelt das Publikum noch immer mit ihrem Charme, ihrer folkig-innovativen Musik und ihren Texten um den Finger. Heute wurde die Band verstärkt durch ihren Produzenten Brent Knopf. Der Menomena-Gitarrist begleitet mit seinem Nebenprojekt Ramona Falls seine Schützlinge von Dear Reader auf Europatour. Ganz beseelt verließen wir das Grünspan und konnten nach drei Festivaltagen nicht mehr die Energie aufbringen, um noch irgendwo feiern zu gehen.

Samstag, 26. September 2009

Reeperbahnfestival 09 - Tag Zwei

Am Freitagabend ging es mit Auletta los, einer jungen Band aus Mainz. Die Jungs sahen aus wie aus dem Indie-Klischee Katalog, Röhrenjeans inklusive. Musikalisch ist Auletta eine Mischung aus den Kaiser Chiefs, den Wombats und Madsen, jedoch mit deutschen Texten. Erstaunlich war, dass sie es schafften, das doch recht große Docks ziemlich gut zu füllen. Das relativ junge Publikum war denn auch begeistert und es bildete sich sogar ein kleiner Pogo-Pit.

Da ich noch das Ende des Auftritts der Broken Records sehen wollte hörte ich mir die Zugabe nicht an und flitzte in die O2 World on Tour. Die Halle ist genau so, wie der Name klingt – ein Kommerz-Tempel. Irgendwie wirkt aufgrund der weißen Stühle und der Helligkeit alles sehr steril. Einziger Vorteil: Das Freigetränk für O2 Kunden. Die Broken Records spielten eigentlich ein super Set, aber auf Grund der unpassenden Halle kam nicht wirklich Stimmung auf. Pierre hatte sich das Konzert komplett angesehen und war von der Musik ebenso begeistert – Indie-Folk-Rock in der Schnittmenge zwischen Arcade Fire, den Frames und Okkervil River. Bleibt die Hoffnung, dass Broken Records noch einmal zu einem richtigen Clubkonzert nach Hamburg kommen.

Danach zogen wir weiter ins Knust, wo Eagle*Seagull Solo unterwegs war. Solo bedeutet in dem Fall ein Mann mit Gitarre in Begleitung einer Dame an der Geige. Irgendwie war es aber dann doch zu ruhig, also langweilig, sodass wir recht schnell wieder gingen. Zurück in unsere geliebte O2 World on Tour. Hier spielte mittlerweile Niels Frevert, Hamburger Singer-Songwriter. Er passte mit seiner ruhigeren, doch auch pompösen Musik etwas besser in diese Sitzhalle und schaffte es trotz Streicherbegleitung nicht zu kitschig zu sein.

Weiter ging die wilde Fahrt zurück ins Docks zu Maplewood. Der Gang zurück auf die Reeperbahn lohnte sich aber nicht wirklich, denn erneut war es etwas langweilig, was die vier Mannen um Nada Surf Mitglied Ira Elliot lieferten. In einem kleineren, intimeren Club wäre es sicher besser gewesen.

So ging es wieder schnell weiter, diesmal ins Uebel und Gefährlich zu Reverend and the Makers. Hier war es nicht langweilig. Der sehr von sich übberzeugte Sheffielder spielte unterstützt von seinen Makers ein wunderbares, vor allem tanzbares Set. Das ist elektroangehauchter britischer Indie-Rock. „Reverend“ Jon McClure lockte das Publikum mit seinem Engagement aus der Reserve und wurde frenetisch bejubelt. Am Ende rief uns der Reverend dazu auf, ihm nach draußen zu folgen. Hier folgte auf dem Parkplatz ein kleines Akustik-Set solo – sicherlich der Kult-Moment des Reeperbahnfestivals. Vor allem die Engländer im Publikum waren begeistert und einige von ihnen den Tränen nahe. Reverend and the Makers sind auf der Insel durchaus eine Größe, zwei Nummer Eins Hits und politisches Engagement des Sängers hinterlassen bei der Masse durchaus ihre Spuren.



Den Gang nach draußen bezahlten wir mit Warterei in einer kaum vorankommenden Schlange zurück ins Uebel und Gefährlich zwischen einigen nörgelnden Menschen. Diesen hatten den Fehler gemacht, sich ausschließlich die bekanntesten Bands ausgeguckt zu haben und waren kaum irgendwo reingekommen – man beachte, an diesem Abend hatten soeben Deichkind in der Großen Freiheit gespielt. Wir kamen dann aber doch noch rein, im Club spielten bereits seit einigen Minuten Who Made Who. Die drei Dänen machten dort weiter wo Reverend McLure aufgehört hatte – mit sehr tanzbarer Gitarren-Elektro-Musik. Böse Zungen könnten sagen, das ist Deichkind, aber mit englischen Texten. Ich höre so was jedenfalls nicht zu Hause, doch live ist das wirklich ein großer Spaß. Einfach nur tanzen. Zum Schluss fällt der Strom für die Instrumente aus, stattdessen wird kurzerhand das Publikum zum Tanzen auf die Bühne eingeladen und es gibt ein reines Gesangs-Schlagzeug Stück. Danach tat es gut, wieder raus an die frische Luft zu kommen.

Freitag, 25. September 2009

Reeperbahnfestival 09 - Tag Eins

Zum zweiten mal innerhalb von zwei Monaten besuchte ich Hamburg. Erneut war ein Musikfestival der Grund des Besuchs. Nach dem Dockville im August stand im September das Reeperbahnfestival auf den Programm.

An drei Tagen treten neben international Bekannten Bands à la Editors, Dinosaur Jr. oder Deichkind vor allem junge aufstrebende Bands in denerschiedenen Clubs der Repperbahn auf.

Für uns begann das Festival am Donnerstagabend im Impereal Theater, wo normalerwesie keine Konzerte stattfinden. Hier trat Berry auf eine französische Sängerin, die musikalisch etwas an Carla Bruni erinnert. Die hübsche junge Dame brachte mit ihrem durchsichtigen Top mit tiefen Auschnitt und ihren netten Liedchen sicherlich einige norddeutsche Männerherzen zum schmelzen. Meines zwar nicht, trotzdem war es ein nettes Konzert.

Wir zogen weiter in (Zitat Pierre) Deutschlands schönsten Club, die Prinzenbar. Als wir ankamen spielte die norwegische Band Washington auch schon. Sie hätten ihrer Musik nach durchaus aus Portland, Oregon kommen können. Wunderbaren folkig angehauchten Rock mit einer Prise Pathos. Ein wunderschönes Konzert. Sicherlich eines der Höhepunkte des Wochenendes.

Sofort danach ging es weiter ins Docks zu Biffy Clyro. Die drei Schotten sind musikalisch nicht eindeutig zuzuordnen. Indie,(college-)Rock, Metal, Prog, Emo, von allem etwas dabei. Das relativ junge Publikum, das sich eingefunden hatte, war sehr textsicher und pogte sogar ein wenig. Große Dichter sind sie allerdings nicht, denn sie greifen doch sehr oft auf oooooh oooooh lalala Passagen zurück. Gute Musiker sind sie aber allemal.

Danach wollten wir eigentlich ins Molotow um uns Future of the Left anzuschauen, da es im Club aber so heiß war, gingen wir nach kurzer Zeit schon wieder zurück ins Impereal Theater. Eine relativ große Menschenmenge wartete davor und wir befürchteten schon nicht mehr reinzukommen.

Nach kurzen warten und drängeln waren wir auch schon drin um uns Au revoir Simone anzuschauen. Die drei Damen aus New York spielten auf Keyboard, Synthies und anderen elektronischen Tasteninstrumenten gemütliche Elektro-Musik. Die drei jungen Damen verspühten einen gewissen alternativen Indie-Hippie Charme und hatten sichtlich ihren Spaß. Doch etwas müde traten wir den Heimweg, gezwungernermaßen zu Fuß, an.

Donnerstag, 20. August 2009

Dockville Festival 09

Ein wunderbares Festival – erfrischend unkommerziell und direkt bei Hamburg, man kann also zu Hause schlafen. Ein großer Vorteil. Leider fehlt mir die Zeit, um detailliert davon zu berichten, deshalb hier nur mein persönlicher Timetable.

Freitag:

Hjaltalín – auf halbem Weg zwischen Arcade Fire und Sigur Rós. Schade, dass noch so wenig los war zu dieser frühen Zeit.

Herrenmagazin – wohl zu viel mit Tomte auf Tour gewesen. Große Labersäcke, doch musikalisch gute Band.

Patrick Wolf – das anderswo aufgeschnappte „die neue Madonna“ trifft es wohl ganz gut. Eine sehens- und hörenswerte Darbietung.

Super700 – Wunderbar stimmungsvolles Set der Berliner auf der Hallenbühne.

Turbonegro – Irgendwie klingen die Songs doch alle gleich.

Mediengruppe Telekommander – Diese machen super Stimmung, ein guter Abschluss des ersten Tages.

Sehr lustiger Heimweg, denn die Turbojugend machte in Bus und S-Bahn Stimmung.


Samstag:

Wintersleep – Wieder ein wunderbarer stimmungsvoller Start in den Tag.

Good Shoes – Eine junge britische Indie-Rock Band wie es von ihnen wohl dutzende gibt.

Element of Crime – ROMANTIK! Vielen Dank, Ihr lieben.

The Whitest Boy Alive – Der musikalische Höhepunkt des Festivals. Super Musik von Supernerds.

MGMT – Ein wenig enttäuschend, der Funke ist nicht richtig übergesprungen. Tolle aktion: Kids mit Wilhelmsburger Problemkids auf der Bühne.

Metronomy – Für mich die positive Überraschung des Festivals. Electro-Dance-Gitarrenpop vom feinsten.

Heiß, staubig, voll, anstrengend, doch unheimlich lohnenswert.


Sonntag:

Etwas schwerer, sich heute zu motivieren nach de Strapazen des Vortages, doch es lohnte sich, sich aufzuraffen, denn:

William Fitzsimmons – ruhiges vom Singer-Songwriter, perfekt zur Katerstimmung vom Sonnntag achmittag.

Dan le Sac vs. Scroobius Pip – Super Britenrap, man stelle sich Eddie Argos (Art Brut) als Hip-Hopper vor.

Poetry-Slam Finale – gewagt, aber ein Erfolg auf der großen Bühne.

Black Lips – die Eigenbezeichnung Flower-Punk trifft es ganz gut. Hat was von Beatles und Beach Boys, doch auch die punkige Attitüde.

KettCar – Ein abslolutes Hammerkonzert der Hamburger, mit Schwerpunkt auf den älteren Songs, Streichern und Heimspielstimmung.

Photographische Eindrücke gibt es hier.

Mittwoch, 12. August 2009

Maxïmo Park im Stadtpark

Inzwischen hat sich mein Gemüt wieder beruhigt, doch die Begeisterung hat ein wenig gebraucht, um sich zu legen, nachdem ich letzte Woche Maxïmo Park beim Stadtpark Open Air in Hamburg erleben durfte. Was will man sagen, dass ist einfach eine absolut geile Band. Von den aktuellen Vorderleuten des britischen Indie-Rock sind die fünf aus Newcastle wohl die einzigen, die das Kunststück vollbracht haben, drei Alben mit ausschließlich hochwertigen Songs hinzulegen. Das merkt man auch beim Konzert: vom Betreten der Bühne bis zur letzen Note 75 Minuten später gibt es keinen Durchhänger. Sänger Paul Smith ist einfach eine geile Sau und gibt vollen Einsatz. Des türkise Sakkos und der Sonnenbrille, die er Anfangs trägt, entledigt er sich schnell, auch so werden das Hemd und Haare unterm Hut komplett durchgeschwitzt. Kompliment für die Kondition!

Das Publikum war im Übrigen erstaunlich textfest, viele sangen alle Lieder komplett mit, die bekanntesten Songs wurden von einem Chor begleitet. Allerdings fand ich das absolut nicht störend, im Gegenteil. Der Schwerpunkt des Konzerts lag auf dem Debütalbum A Certain Trigger (fast alle Stücke gespielt – sogar die ruhigere Nummer Akrobat als Zugabe) und dem neuesten Werk Quicken The Heart. Album Nummer zwei gerät dabei ein wenig in den Hintergrund, die drei Singles daraus gibt es jedoch immerhin. Aus dem hochwertigen Set ragen drei absolute Höhepunkte hervor: „The Kids Are Sick Again“, „Apply Some Pressure“ und, ja, „Books from Boxes“. Ein Must See Act!

Die Vorband soll an dieser Stelle auch nicht zu kurz kommen. Im Vorfeld hatte ich mich schon sehr auf die Maccabees gefreut, deren beide Alben ebenfalls ganz oben auf meiner Playlist stehen. Deren gutgelaunten Popsongs mit einem gewissen Pathos sind eine seht schöne Angelegenheit. So ganz hat das an diesem sonnigen Vorabend auf der Bühne nicht gezündet – auch weil der Sänger ein wenig lustlos wirkte. Ich meine aber, dass das seine allgemeine Art ist. Ich würde den Maccabees gerne im in intimerer Club-Athmosphäre noch einmal eine Chance geben, dafür mag ich deren Musik zu sehr. Ein schönes Warmup war es dennoch.

Die Bilder des Stadtpark-Konzerts hab ich hier geklaut.

Dienstag, 28. Juli 2009

Herman Düne

Mitten im Konzertsommerloch plötzlich ein kleines Konzerthighlight. Während man in diesen Sommermonaten vergeblich auf gute Clubkonzerte wartet (zu Recht – in potentiell vorhandener Sommerhitze macht ein Konzert im muffigen Club auch wenig Spaß), gab es letztes Wochenende doch ein kleines Zwischenhoch im Knust. Herman Düne kamen vorbei. Auch das Wetter spielte mit, es war eher frisch an diesem Abend – ausnahmsweise mal eine gute Sache.

Herman Düne ist eine unheimlich produktive Band aus Frankreich (!), deren Kern ursprünglich aus den Brüdern David-Ivar (auch: JJ) Herman Düne und André Herman Düne bestand. Letzterer hat aber inzwischen die Band verlassen und wurde durch den Schweizer Neman Herman Düne am Schlagzeug ersetzt. Unheimlich produktiv ist die Band, weil sie seit 2000 neun Alben herausgebracht hat, zudem mehrere EPs und zahlreiche Alben mit Nebenprojekten. Dieses erstaunlich große Werk hatte ich gar nicht richtig auf dem Schirm, als ich mich ins Knust begab und erwartete die übliche gute Stunde Musik, die man bei so einem Clubkonzert üblicherweise von der Hauptband serviert bekommt (vor allem bei einem abendkassenpreis von € 15,-). Das war falsch gedacht: es gab zwar keine Vorband, dafür spielten Herman Düne in über zwei Stunden ein famoses Konzert.

Aber fangen wir von vorne an. Die Musik von Herman Düne ist Folk, die Band wird gerne dem Genre Anti-Folk zugeordnet. Dies trägt ihrer Eigenschaft Rechnung, das Genre nicht allzu ernst zu nehmen und vor allem Ihren Texten – viele sind Liebeslieder – eine Prise Humor und Ironie einzustreuen. Herman Düne klingen musikalisch, als kämen sie direkt aus den USA, wenn man jedoch weiß, dass David Franzose ist, erklärt dies die manchmal ungewohnte Betonung mancher Phrasen. Unterstützt werden die beiden Kernmitglieder von Herman Düne vom Bassisten Ben Pleng.

Auf Platte plätschert die Musik teilweise ein wenig vor sich hin, sehr folkig halt. Live ist Herman Düne jedoch super. Es geht los mit zwei Akustiknummern von David alleine, dann kommen die beiden anderen hinzu. Es fällt auf, dass jedes Stück auf der Bühne in einem anderen Arrangement gespielt wird als auf den Alben – kein Wunder, denn dort wird auch gerne auf weibliche Gesangparts und Bläser zurückgegriffen. Das meiste wird auch etwas flotter gesielt. Es gibt Stücke aus dem ganzen Werk, auch ein paar neue Sachen (die letzte Platte ist ja immerhin bald schon ein dreiviertel Jahr alt). Die drei sind perfekt eingespielt, auf dem Schlagzeug werden bevorzugt die Toms genutzt. Der Bass hat eine prominente Rolle und trägt deutlich mehr zur Melodie bei als die üblichen Bassläufe. Dazwischen gibt es ausgedehnte Soli, doch auch mal leisere Töne. In der Mitte des Sets wird dann die Akustikgitarre gegen eine elektrische getauscht, gerade die Soli erhalten nun eine andere, etwas rockigere Qualität. Auch menschlich wirken die drei sehr sympathisch. Insgesamt sieht man ihnen den Spaß am Spielen an. Sonst hätten sie es auch keine 135 Minuten auf der Bühne aufgehalten. Davon war keine einzige langweilig. Schon wieder eine Band, die ich mir bei ihrem nächsten Besuch in Hamburg nicht entgehen lassen werde.

Von Herman Düne gibt es ein nettes Concert à Emporter von La Blogothhèque:


Mittwoch, 15. Juli 2009

Verregnet, kalt, doch trotzdem lohnenswert – Das Fest van Cleef in Northeim

Das Grand Hotel van Cleef ist ein Hamburger Musiklabel, das im Umfeld der beiden Indie-bands Tomte und KettCar entstanden ist. Letztere sind nicht nur die Zugpferde des Labels, deren Köpfe Thees Ullmann und Markus Wiebusch führen dieses auch und geben einigen sehr hörenswerten deutschen und internationalen Künstlern eine musikalische Heimat.

Jeden Sommer veranstaltet das Grand Hotel van Cleef in zwei bis drei deutschen Städten ein kleines Musikfestival, wo labeleigene und befreundete Musiker auftreten. In diesem Jahr fand die Veranstaltung in Essen, Freiburg und Northeim statt. Northeim ist eine kleine Stadt in der Nähe von Göttingen mit einer malerischen Waldbühne. Da ich so angenehme Dinge verbinden konnte fuhr ich also nach Northeim zum Fest van Cleef, um im Anschluss das Wochenende bei einer guten Freundin in Göttingen ausklingen zu lassen. Da ich an diesem Freitag auch arbeiten musste, verpasste ich leider die ersten drei, sicherlich auch sehr lohnenswerten Bands des Festivals, Gysbert von Knyphausen, Muff Potter und die Kilians (leider leider). Da dieser Tag jedoch auch von Dauerregen geprägt war, hatte ich durch meine etwas verspätete Ankunft an der Waldbühne sehr wertzuschätzenden Trockenheitsvorsprung gegenüber meinen Mitkonzertbesuchern.

Für mich begann der Konzertabend also mit den Kaliforniern von Why?, um Last FM zu zitieren eine „Hip-Hop und Indierock Band“. In der Tat sind die vier jungen Männer musikalisch schwer einzuordnen. Es handelt sich dabei tatsächlich eher um Sprechgesang, der von relativ psychedelischer Rockmusik begleitet wird. Interessant ist auch, dass das Drumset zwischen dem Sänger Yoni Wolf und dem eigentlichen Schlagzeuger aufgeteilt ist, wobei letzterer teilweise zusätzlich ein Vibraphopn bedient. Live hat die Musik etwas mehr Pepp als auf Platte, sodass dieses Konzert trotz des Regens Spaß machte. Das ist keine Musik, die man beim ersten Hören liebt. Doch hat man sich erstmal rein gefunden: super!

Danach ziehen wir uns für eine Currywurst unter die Bäume zurück (bringt allerdings keinen großen Schutz vor dem Regen), von wo wir auch das beginnende Konzert von Tomte verfolgen. Die intellektuell angehauchte Band von Thees Ullmann – eines der beiden Flagschiffe des GHvC-Labels – braucht man nicht mehr vorstellen. Tomte hat vor allem unter Indie-Nerds viele sehr treue Fans. Ich finde jedoch, dass die Band ein wenig überschätzt wird. Thees Ullmann ist ein ziemlicher Schwätzer (wobei er sich heute zurückhielt) und ich finde die Musik ein wenig langweilig. Dennoch sind ein paar ganz gut rockende Stücke dabei, als wir uns auch näher an die Bühne bewegt hatten, konnte man dazu ganz gut gegen Kälte und Nässe antanzen. Trotzdem, ein großer Tomte-Fan werde ich wohl nicht mehr.

Im Wesentlichen waren wir jedoch ohnehin für die Headliner des Abends gekommen: Element of Crime. Die Altmeister des deutschen Singer-Songwritertums mit inntellektuellem Anspruch um Frontmann und Trompeter Sven Regener waren an diesem Abend in Hochform. Es hatte inzwischen aufgehört zu regnen, sodass man sich voll dem Genuss der Texte und Weisheiten Herrn Regeners hingeben konnte. Ich bin kein großer Element of Crime Kenner und noch in der Entdeckungsphase, doch ich muss sagen, dass ich an diesem Abend sofort zum Fan wurde. Die Kombination aus Zynismus, Ironie und Witz – das ganze exquisit musikalisch untermalt – ist in der aktuellen deutschsprachigen Popmusik unerreicht. Das – vermutlich aufgrund der Wetterverhältnisse – nicht außerordentlich zahlreich erschienene Publikum war angetan, jubelte angemessen und wurde dafür auch mit drei Zugabenrunden gelobt. Wie schön, dass ich Element of Crime in einem Monat beim Dockville Festival wieder sehen werde!

Sonntag, 28. Juni 2009

Hurricane Festival – Tag 3

Diese zweite Nacht war doch viel besser. Zwar noch immer kalt, doch ich fand ich hatte super geschlafen – bis auf die paar Mal aufwachen in der Nacht, um sich umzudrehen, da mir die ganze Seite wehtat. Ist schon hart so eine Isomatte, man wird halt nicht jünger. Ich fand mich morgens total ausgeruht, doch dieser hielt nicht lange an, zum Glück gab es wieder Kaffee.

Für diejenigen, die am Montag wieder arbeiten mussten, galt es nun schon abzubauen. Wir leisteten uns sogar die Dekadenz, einen der Jungs mit Fahrradanhänger anzuheuern, um uns unsere Sachen zum Auto zu transportieren. Es hat auch seine Vorzüge, halbwegs gut verdienender Arbeitnehmer zu sein.

Auch heute begann das Programm schon früh, und zwar mit The Gaslight Anthem auf der großen Bühne. Im Winter hatte ich mich noch sehr geärgert, das Konzert im Knust verpasst zu haben, da ich vom Ansturm auf die Tickets überrascht worden war. Hier konnten wir aber direkt vor der Bühne stehen und entspannt der Musik lauschen. The Gaslight Anthem werden – nicht nur wegen ihrer Herkunft aus New Jersey – gerne mit Bruce Springsteen verglichen. Ihre Musik hat schon was vom „Boss“, die leicht zum Pathos tendierenden Rocksongs sind jedoch etwas roher. Das kommt in der Mittagssonne erstaunlich gut, ein super start in diesen letzten Festivaltag.

Nach einer kurzen Pause, während derer wir sitzend die Sonne genossen und ein wenig dem Emo von Brand New lauschten, konnte ich schon dem nächsten Highlight entgegenfiebern. Auf der Grünen Bühne spielten nun Gogol Bordello. Zu den New Yorker Gypsy Punks braucht man nicht viel sagen, außer: es geht ab! Hüpfen und Tanzen, dass kann man dazu, und sich des Lebens freuen. Die Kombination aus Balkan-Sounds und Punkrock mag zwar nicht super originell sein, doch es macht Spaß. Der absolute Höhepunkt: „Stop Wearing Purple“. Das beste Konzert dieses dritten Tages.

Wieder Zeit für ein Esspäuschen, diesmal kann man dabei den Polit-Punkern von Anti-Flag lauschen, die wohl den Publikumsandrangsrekord für die blaue Bühne aufstellten. Meins ist das nicht unbedingt, ich aß währenddessen lieber Chinanudeln in unserem Lieblingspavillon. Dann ging’s noch kurz rüber zu Lilly Allen, doch auch die kann man vergessen. Keine gute Live-Sängerin, und wirklich Power hatte das auch nicht.

Lieber ist mir der anständige (wenn auch nicht ganz ernstzunehmende) Breitbeinrock der Eagles of Death Metal (ohne Josh Homme). Das Ziel der Band: das Publikum soll Spaß haben! Es gelingt ihnen zwar nicht so ganz, dieses so richtig in Fahrt zu bringen, doch Spaß macht es, den Herrschaften zuzusehen und deren Rockmusik über sich ergehen zu lassen.

Ganz zu Ende kann ich es mir jedoch nicht anschauen, denn ich folge nun einem Tipp meines Bruders („das Konzert meines Lebens“ – dieser Eindruck vom Southside war vielleicht doch ein wenig zu euphorisch) und ging ins Zelt zu The Asterois Galaxy Tour. Das sind vier Dänen und eine Dänin, deren Musik ist Retro-Soul im Stil von Amy Winehouse. Das ist eigentlich nicht so mein Ding und vorab auf Platte war ich nicht so überzeugt gewesen. Doch live geht das tatsächlich ganz gut ab. Man kann The Asterois Galaxy Tour das Bühnentalent nicht absprechen – sie brachten mich jedenfalls noch mal in Fahrt und ich verpulverte bei diesem Konzert meine letzte verbliebene Energie.

Das war auch in Ordnung, denn nun kam der Zeitpunkt, sich vom Hurricane Festival zu verabschieden. Ich verzichtete ohne große Schwierigkeiten auf Fettes Brot und die Ärzte und machte mich lieber auf den Heimweg, um am Montag zumindest halbwegs wach durch den Arbeitstag zu kommen. Die Festivaleuphorie hielt während der Zugfahrt noch an, ich wippte zu Franz Ferdinand in meinem MP3-Player vor mich hin. Und das mit dem Wachsein hat am Montag geklappt, dafür hab ich am Dienstag monumental verschlafen.

Freitag, 26. Juni 2009

Hurricane Festival – Tag 2

Diese erste Festivalnacht war nicht gerade erholsam gewesen – nicht, dass ich das erwartet hätte, aber ein bisschen mehr Schlaf hätte nicht geschadet. Das lag nicht nur am wenig überraschenden Lärm, dem tausende betrunkener Menschen in einer Nacht so machen. Dazu kam, dass es ganz schön kalt war, mein Schlafsack recht dünn ist und ich folglich bis zum Morgen einige Kleiderschichten überziehen musste.

Doch von so etwas lässt man sich natürlich nicht aus der Bahn werfen. Ein reichliches Frühstück, viel Kaffee und dann recht bald auch wieder Bier brachten uns wieder auf Vordermann, sodass wir wie geplant um 13:30 Uhr vor der Blauen Bühne bereitstanden, um uns The Rakes anzuschauen. Ich kenne diese Band inzwischen live nur zu gut, immerhin sah ich sie innerhalb von nicht einmal zwei Jahren bereits zum vierten Mal. Trotzdem ist es immer wieder ein Spaß, das ist Indierock vom feinsten aus UK. Ein recht heftiger Regenguss schmälerte das Vergnügen zwar ein wenig, doch das konnte man bei dem Auftritt hinnehmen. Das Leben ist ja kein Ponyhof.

Bei dieser Gelegenheit entdeckten wir einen Platz, an dem wir noch viel Zeit verbringen sollten – von einem großen Pavillon überdachte Biertische zwischen Fressbuden in Sicht- und Hörweite der blauen Bühne. Erstaunlicherweise fand man dort auch immer einen Sitzplatz, sodass wir dort einige Regengüsse überstanden oder teilweise unsere müden Beine schonten. Auch beim Konzert der Blood Red Shoes konnte mich deren eher rauer, doch sehr tanzbarer Rock nicht dazu bewegen, vor der Bühne einen erneuten Regenguss zu ertragen, sodass ich einen Großteil ihres durchaus hörenswerten Sets von unserem trockenen Refugium aus erlebte.

Nachdem noch ein paar Nachzügler zu uns gestoßen waren, begaben wir uns wieder näher an die Bühne (noch immer die blaue). Dort spielte nun die zweite Band des Tages, die ich schon zum vierten Mal live sah, The Wombats. Die drei Stimmungskanonen haben ein so sicheres Händchen für tanzbare Hits, dass keine Indieparty ohne „Kill the Director“ oder „Let’s Dance to Joy Division“ auskommt. Live kann jedenfalls nicht viel schiefgehen, zumal es das für den heutigen Tag mit dem Regen gewesen war (von ein paar weiteren Tropfen abgesehen). Es ist wieder Zeit zum Abgehen, dafür sind die Leute hergekommen. Natürlich gibt es alle Hits des bisher einzigen Albums, dazu zwei-drei neue Songs, die ebenso tanzbar sind wie die bekannten. Man kann sich also auf das hoffentlich bald erscheinende Album freuen. Zum Schluss gibt’s noch mal einen riesigen Pogokreis, bevor sich die Menge erschöpft wieder von dannen macht.

Zum Rasten bleibt nicht viel Zeit (wobei manch einer sich zu einem Päuschen zum Zelt zurückzieht). Ich dachte mir, ich könnte gemütlich Paolo Nutini anhören und dabei wieder Kräfte sammeln, doch Pustekuchen. Dabei kann man auch nicht still sitzen. Der gute Paolo ist zwar total hackedicht, doch das hält ihn und seine exzellente Begleitband nicht davon ab, ein famoses Set abzuliefern. Es swingt und groovt dahin, teilweise gibt es Reggaeeinflüsse, jedenfalls kann man nicht anders als Tanzen. Das war für mich die positive Überraschung des Festivals!

Nun ist jedoch wirklich Ruhe angesagt, denn die Musik der Fleet Foxes ist nicht zum Abgehen, eher zum Genießen gemacht. Die einen finden das langweilig und machen sich vom Acker (immerhin spielen auf der großen Bühne die Pixies – was die Fleet Foxes auch mehrmals ehrfurchtsvoll anmerken), andere (ich auch) finden das wunderschön. Die Fleet Foxes gehören zur aktuellen Folk-Revival-Bewegung in den USA, ihre Musik ist durchaus vergleichbar mit dem Falsettgesang von Bon Iver. Die Songs heißen „Blue Ridge Mountains“ oder „White Winter Hymnal“, doch bieten viel mehr als der Titel verspricht – einfach schön. Allerdings wäre auch dies eher was für den kleinen dunklen Club als für die sonnendurchflutete Nachmittagsbühne, zumal dort nicht so auffallen würde, dass es die Bartträger mit ihrer Natürlichkeit (Flanellhemden und mottenzerfressenen T-Shirts) ein wenig übertreiben.

Da das Set der Fleet Foxes relativ kurz ist, können wir uns noch den Rest der Pixies anschauen. Ist nicht der Rede Wert, ich fand’s langweilig, bin aber ohnehin nicht deren größter Fan.

Nun geht’s ins Zelt (benannt nach einem Hersteller eines Coffeinhaltigen Brausegetränks), wo Portugal.The Man gerade beginnen zu spielen, als wir eintreten. Auch dies ist nicht jedermanns Sache, doch ich fand es der Hammer. Das ist Prog vom feinsten, Stimmungen werden kreiert wie es nur diese Art von Gitarrenmusik kann. Zwar fällt irgendwann der Synthesizer aus, doch das stört keinen, die vier Alaskaner machen das mit Percussion wett. Mein Eindruck vom Reeperbahnfestival erhärtet sich, das ist eine super Live-Erfahrung – in der Tat habe ich auf Platte mit der Musik teilweise meine Schwierigkeiten. Große Kommunikatoren sind die Herrschaften übrigens nicht, der Sänger schaut nicht mal wirklich ins Publikum. Trotzdem super.

Bei mir war inzwischen die Luft raus, doch es war erst früh am Abend und das Festival hatte durchaus noch etwas Programm zu bieten. Ich entschied, mich weiter an das Programm der blauen Bühne zu halten und mir Ben Harper mit seiner neuen Band Relentless 7 anzusehen. Anfangs war ich etwas überrascht über den Sound – man kennt den guten Ben doch eher akustisch. Jetzt wird es Bluesrockiger, die Einflüsse der schwarzen Musik sind nicht zu überhören. Hier und da scheint gar der Soul durch. Ben Harper lässt sich für seine Virtuositäten nach fast jedem Stück eine neue Gitarre bringen, die er meist sitzend auf seinem Schoß liegend bespielt. Mit der Zeit lässt man sich von der Musik so richtig einlullen, bis man komplett von ihr gefangen ist. Es wurde immer besser, dann war’s schon vorbei.

Nun war ich komplett am Ende. Beim Vorbeigehen nahm ich jedoch noch das Ende des Faith No More Konzerts auf der Hauptbühne (die ich heut tatsächlich nur von weitem sah) mit, immerhin Größen des Rock and Roll der frühen 90er Jahre. Ich war allerdings überhaupt nicht begeistert, diese Reunion wäre nicht nötig gewesen. Rosa Bühnendeko und Pastellkleidung ist einfach nur lächerlich, selbst wenn es ironisch gemeint sein sollte. Und der Auftritt ist nur prätentiös. Die alten Säcke sollen lieber wieder in den Ruhestand zurückkehren.