Freitag, 24. Oktober 2008

Calexico

Als ich mich in der Fabrik ankam, war die Halle schon ziemlich voll. Kein Wunder, das heutig Konzert von Calexico war ja auch ausverkauft. Das Publikum war nicht das, was ich üblicherweise an Konzerten antreffe: wenig Jungspunde, dafür deutlich mehr graumelierte Haarschopfe. Das ist jedoch, wenn man darüber nachdenkt, nicht überraschend. Denn erstens war der Eintritt nicht gerade billig. Zweitens ist der mexikanisch beeinflusste Südstaatenfolk von Calexico nicht unbedingt die Musik, die in der Indiedisco läuft. Und drittens gehört die Band zu den Lieblinge der Feuilletons der meinungsbildenden Blätter der Intellektuellen.

Zunächst mussten diese allerdings die Vorband erdulden, Bodies of Water. Erdulden ist das falsche Wort, denn ich fand sie ziemlich gut. Bodies of Water waren zum ersten Mal in Europa auf Tour und davon ganz begeistert. Lustigerweise wirkten sie in ihrem Auftreten sehr amerikanisch, voller Enthusiasmus und jeden Satz mit „you guys“ beginnend. Dabei wurde einem der lange nicht mehr gesehene Anblick einer bodytragenden jungen Frau gegönnt. Es hat durchaus seine Gründe, weshalb das out ist, ebenso wie Topffrisuren. Die Musik ist aber durchaus hörenswert, ich würde es als Neo-Flowerpower bezeichnen, es sind einige ganz nette Elemente dabei wie sich steigernde Kanongesänge.

Die Helden des Abends waren aber selbstverständlich Calexico. Das Set begann in kleiner Besetzung mit zwei ruhigen Stücken, bevor dann die ganze Band (sechs Männer ca. Mitte 30) die Bühne betritt. Das Auftreten erinnert mehr an eine Jazzband denn eine Rockband, denn das Zusammenspiel ist perfekt auf den Punkt gebracht, es gibt Soli mit Szenenapplaus, Instrumentalstücke und gegenseitige Anerkennung der Musiker für ihre Virtuosität. Zudem sind alle bester Laune, erklären den Abend kurzerhand zur „crew dedication night“ und widmen folglich jeden Song einem ihrer Crewmitglieder (von denen es erstaunlich viele zu geben scheint). Das knapp zweistündige Set führt die Zuschauer quer durch das Werk der Band, viele Stücke werden in deutlich anderen Arrangements vorgetragen, als von den Alben bekannt. Zwei Trompeten, Vibraphon, Pedal Steel, Kontrabass und zahlreiche Gitarrenvarianten kommen zum Einsatz, die musikalisch Bandbreite richt vom Rocker über twangenden Folk zum Latinokracher. Das alles passte sehr gut in die Fabrik, die vom Fassungsvermögen sicherlich verglichbar ist mit dem Kesselhas de Kulturbrauerei, jedoch viel kleiner wirkt. Ein Konzerthighlight in diesem Jahr, ohne Zweifel.

Anathema

Und schon am Tag drauf ging es wieder auf ein Konzert, diesmal ging es dafür extra ins Ausland. Ja das klingt jetzt dramatischer als es in Wirklichkeit war, denn das Konzert fand im Z7 in Pratteln nur ein paar Kilometer hinter deutschen Grenze in der Schweiz statt.

Das Z7 ist echt ein cooler Laden, es sieht aus wie eine alte Fabrikhalle in die 2 Bars und eine Bühne reingebaut wurde. Kurrios ist der Dezibelmesser der an der Wand hängt, bei Konzert wurden höchstens 105 db erreicht.

Wir hatten den weiten Weg auf uns genommen um uns Anathema anzuschauen. In ihrem Wikipedia Artikel steht das sie sich vom Doom-Metal zum alternative Rock entwickelt haben. Auf Deutsch gesagt machen sie Gitarrenmusik, die vor allem sehr Athmosphärisch und Melancholisch ist.

Gegen viertel vor neun betraten die 3 Mitglieder der Demians, die als Vorband fungierten, die Bühne. Sie spielten musikalisch sehr anspruchsvolle Alternative Rockmusik. Leider war der Sound nicht sonderlich gut. Sie machten ihr Sache aber wirklich gut und stimmten gut auf Anathema an, die um kurz vor 10 auf die Bühne kamen. Das Konzert kann man einfach nur als genial beschreiben. Sie schafften es sowohl bei den ruhigen Liedern Gefühl zu vermitteln, als auch bei den härteren Liedern, wie man so schön uncool sagt zu „rocken“. Vor allem die Stimme des Sängers geht einfach unter die Haut es ist ein wahrer Genuß ihm zuzuhören. Um das Konzert mit einem Wort zusammenzufassen würde ich Virtuosität wählen, die 5 Briten beherrschen ihre Instrumente allesamt sehr sehr gut, es ist echt bewundernswert. Wir waren zum Glück auch hervborragend in der ersten Reihe positioniert, besser kann man so ein Konzerterlebnis nicht mitverfolgen. Um kurz vor 12 war das Konzert leider auch schon wieder vorbei und wir machten uns auf den Heimweg. Es war hoffentlich nicht mein letztes Anathema Konzert.

Donnerstag, 23. Oktober 2008

Rantanplan

Es gibt da eine paar Bands die ich unbedingt noch live sehen wollte. Dazu gehören Franz Ferdinand, Against Me!, aber auch Rantanplan. Das mag jetzt überraschend klingen, aber seit meinen Anfängen als „eigenständiger“ Musikhörer liebe ich diese Hamburger Band und mir war es bisher nicht gelungen ein Konzert von ihnen zu besuchen. Diese Woche war es endlich soweit, sie spielten im Jazzhaus.

Es war wirklich nicht sonderlich viel los als wir ankamen, was mich aber nicht sonderlich erstaunte. Gegen 9 ging es dann mit dem obligatorischen „Torpedo Hamburg Ahoi“ los. Die nicht sehr große Menge brauchte zwar Anfangs noch ein wenig Zeit um in Gang zu kommen, war aber dann vor allem bei den älteren Liedern voll dabei.

Das Konzert war wie ich es erwartet hatte, die alten Klassiker wurden alle ausgepackt, leider wurden aber auch zu viele Lieder vom schwachen neuen Album gespielt. „Unbekanntes Pferd“ war für mich auf jeden Fall das Highlight des Abends.

Noch ein paar Worte zur Band selbst, sie kommen wie schon erwähnt aus Hamburg und machen seit Mitte der 90er Jahre unverändert Ska-Punk. Die Band wurde vor allem von vielen Mitgliederwechseln geprägt, es hat unter anderem auch mal Markus Wiebusch, Sänger von Kettcar, bei Rantanplan gesungen.

Nach ca. 90 Minuten war das Konzert auch schon wieder vorbei, wie es bei mir oft der Fall ist hielt ich noch einen kleinen Plausch mit dem Sänger. Vielleicht kommt Rantanplan nächsten Sommer nach schopfheim um am Holzrock zu spielen, das wäre natürlich genial.

Sonntag, 19. Oktober 2008

Infadels

Es gibt Bands, die mag man einfach. Und auch wenn das neueste album nicht ganz überzeugend ist, geht man zum Konzert, wenn sie in die Nähe kommen. So ist es bei mir mit den Infadels, eine Discorockband aus London. Das Debutalbum We are not the Infadels zählte monatelang zu meinen meist gehörten Platten, sodass ich den Infadels das viel zu poppige Zweitwerk verzieh und am Donnerstag dem Regen trotzte, um mir das Konzert im Molotow anzutun. Es hat sich auch gelohnt, allein weil dies mal wieder eine Band mit einem ziemlichen Knall ist. Pseudo-gothic geschminkt und ein wenig überenthusiastisch, doch vor allem die discolastigen Songs sind einfach toll.

Ich war übrigens gestern schon wieder im Molotow, diesmal zur „Bloc Party Album release party“ (ja, so weit ist es mit deren Popularität schon gekommen), mit dem Ziel, mal wieder eine schöne Indie-Party zu besuchen. Davon abgesehen, dass das Publikum da extrem jung ist, lohnt sich das durchaus. Dazu beigetragen hat mit einem stürmischen auftritt auch die belgische Band The Van Jets (die durchaus eine gewisse ähnlichkeit mit ihren fast Namensvettern von Jet haben).

Freitag, 10. Oktober 2008

Tomte

Schon die ganze Woche hörte man das Tomte im Laufe der Popkomm neben ihrem regulären Konzert in der Kulturbrauerei ein sogennantes Geheimkonzert spieln würden um ihr am Freitag erscheindes Album Heureka zu promoten.

Tomte stehen neben Kettcar für die sogenannte Hamburger Schule und spielen ruhige deutschsprachige sehr textlastige Rockmusik. Das mit der Hamburger Schule ist aber auch nicht mehr ganz Aktuell, da Thees Uhlmann, der Sänger und Kopf der Band, kürzlich nach Berlin gezogen ist. Im laufe des Donnerstags wurde dann bekannt es sollte im Zapata in der Oranienburger Straße stattfinden.

Ich konnte mir sowas natürlich nicht entgehen lassen und war um kurz vor 12 vor Ort. Der Türsteher sagte mir dann aber, dass das Konzert 200m weiter auf einem Parkplatz stattfindet. Zitat: Bis die Bullen kommen. Das hörte sich natürlich sehr Rock'n'Rollig an, war es aber schlussendlich nicht. Denn wenn ein Konzert wirklich Underground wäre, würde nicht ein Österreichischer Energydrinkherrsteller das ganze sponsern. Tomte spielten schlussenldich auf dem Dach eines Vans, der Sound war etwas leise und die Stimmung ganz OK. Zum Konzert selber muss man sagen, dass es ganz nett war, mehr aber auch nicht. Was man noch erwähnen muss, ist dass Thees Uhlmann noch schlimmer ist als Marcus Wiebusch in Sachen dummes Zeugs erzählen, mir ging es eher auf die Nerven.

Nach einer knappen Stunde war das ganze auch schon wieder vorbei und das Publikum wurde in den Rodeo Club zum weiterfeiern eingeladen, wir folgten der Einladung allerdings nicht. Wer Interesse hat, kann heute Abend ja die MTV News anschauen, der Kameramann stand wärend des Konzerts neben mir... Schlussendlich muss man sagen das es auf jeden Fall ein würdiger Anfang meiner Berliner Herbst Konzertsaison war.

Mittwoch, 8. Oktober 2008

SSLYBY

Eigentlich finde ich ja solche Abkürzungen für Bandnamen furchtbar, aber der hier ist einfach zu lang! Someone Still Loves You Boris Yeltsin. Einen solchen Namen kann sich nur eine Indie-Band ausdenken, die zudem vielleicht ein wenig nerdig ist. Wenn man die vier jungen Männer Anfang 20 auf der Bühne des Molotow gestern Abend gesehen hat, bestätigt sich diese Vorahnung auch. Keine Rockstarallüren, jedenfalls. Brauchen sie auch nicht, die Musik ist schöner und intelligenter Poprock, wie er nur von amerikanischen Bands kommen kann. Ich würde sie musikalisch so zwischen den Shins und Death Cab for Cutie ansiedeln. Beim Konzert wurden primär die Songs des aktuellen Albums Pershing sowie zwei Neuheiten von der aktuellen Single „Not Worth Fighting“ und einige Stücke vom 2005er Album Broom. SSLYBY haben beweisen, dass sie ihre Musik auf der Bühne gut umsetzen können und auch ein eher zurückhaltendes Publikum begeistern. Bei der Hälfte des Konzert findet übrigens eine kleine Rotation statt: Sänger und Gitarrist John Robert Cardwell wechselt zum Bass, Bassist Jonathan James übernimmt das Schlagzeug und Schlagzeuger Philip Dickey (auch Schöpfer des Bandnamens) wird zum Leadsänger und Gitaristen. Eine nette Weise, die Gleichberechtigung der Bandmitglieder in den Vordergrund zu stellen, wobei Leadgitarrist Will Knauer (um diesen auch zu nennen), bei stoischen Spiel seines Instrumentes bleibt.

Ich war im übrigen auch sehr angetan von der Vorband Be a Familiar. Die Schotten haben bisher noch kein Album veröffentlich, sind aber musikalisch sehr vielversprechend. Das ist intelligenter und sehr britischer Indie-Rock, ich fühlte mich sofort and die Indelicates (weil ja soo viele was mit denen anfangen kann...) erinnert, nicht nur wegen des Zusammenspiels von männlicher und weiblicher Gesangstimme und dem Einsatz von Streich- und Blasinstrumenten. Von dieser Band wird man in der Musikpresse sicher noch mal hören. Es lohnt sich, mal auf der MySpace oder Last.fm Seite reinzuhören.

Dienstag, 7. Oktober 2008

The Toasters

Während meines dreiwöchigen Aufenthalts in Freiburg kam ich immerhin ein mal dazu ein Konzert zu besuchen. Im Jazzhaus spielten the Toasters, Ska Legenden aus New York, das konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Wie es sich für arrogante Konzertgänger gehört kamen war die Vorband fast rum als wir ankamen.

Das was wir hörten war anständiger Ska-Punk. Im nachhinein stellten sich die Bandmitglieder aber als sehr nett und lustig heraus. Etwas überrascht war ich aber vom sehr geringen Andrang, es hätten locker doppelt sie viele Leute ins Jazzhaus gepasst. Der Stimmung hat das ganze aber nicht geschadet, denn von Anfang an tobte das relativ junge Publikum. Die Bandmitglieder hatten sichtlich ihren Spaß und sahen irgendwie alle aus wie alte Trucker. Es ist übrigens sehr interessant ein Konzertpublikum zu beobachten, Ska-Publikum zum Beispiel tanzt sehr enthusiastisch und raumgreifend ist aber im Vergleich zu Punk nicht auf das Rammen des Nachbarn aus, es ist also ein friedliches Nebeneinander tanzen.

Nach einer guten Stunde wars das leider schon mit dem Konzert. Auf dem Heimweg musste ich aber noch beim billigen Merchandise Stand zugreifen.

Sonntag, 5. Oktober 2008

Disco Ensemble

Von unserer Gastreporterin, die sich auf eine Festanstellung bewirbt:
Am 4. Oktober war ich also am Konzert von Disco Ensemble in der Biomill in Laufen (CH). Biomill.... hat sich für mich zunächst angehört wie Recyclinghof. Ist aber ein altes Fabrikgebäude, ein bisschen ausserhalb von Laufen, direkt an der Bahnlinie. A propos „laufen“: Erst mal mussten wir ca. 25 Minuten Fußweg bis zum Konzert hinter uns bringen. Das erwies sich aber als recht amüsant, da wir plötzlich einen „echten“ Finnen inklusive Landesflagge bei uns hatten. Wenig später stellte sich heraus, dass der gute Junge eigentlich Schweizer ist :D Ich bin aber immer noch beeindruckt davon, wie er trotz all unserer Anschuldigungen an seinem Englisch mit vermeintlich finnischem Akzent festgehalten hat!!

Nun kurz zur Lokalität: Wie schon gesagt, handelt es sich um ein altes Fabrikgebäude. Die Bühne war winzig, die Tanzfläche entsprechend klein, man war also hautnah dran an der Band. Nebenan gab es noch eine Lounge mit Sitzgelegenheiten und Kicker. Alles in allem eine coole Location. Doch was ich vergessen hatte: in der Schweiz darf noch geraucht werden! Dem entsprechend war auch die Luft etwas knapp! So verbrachten wir die Zeit, in der die beiden Vorbands (Lapko und Crash League) spielten in der besser belüfteten Lounge. Zur Musik der beiden Bands kann ich nur sagen: es war laut und rockig! Musik um seine langen Locken durch die Luft zu schleudern.

Dann ging es endlich los. Ich wusste nicht was mich erwarten würde, denn ich hatte bis ein paar Tage vor dem Konzert noch nie etwas von Disco Ensemble gehört. Und ich wurde positiv überrascht, viel mehr war ich auf ganzer Linie begeistert!

Wikipedia sagt: „ Disco Ensemble ist eine Post-Hardcore-Band aus der finnischen Stadt Pori, die auch mit Punkrock bzw. Indierock in Verbindung gebracht wird.“ Ich sage: Ich hab keine Ahnung in welche Stil-Schublade ich diese Band stecken sollte! Ich kann nur sagen, dass der RocknRoll-Fuß definitiv zum Einsatz kam, genauso wie das Kopfschüttel-Gelenk! Was mich fasziniert hat war die Ausstrahlung der Band, besonders von Sänger Miikka Koivisto und Gitarrist Jussi Ylikoski. Die beiden verstehen es das Publikum zu begeistern und man sieht ihnen richtig an, wie viel Spaß sie auf der Bühne haben. Nach 60 Minuten war der Spaß dann leider auch schon wieder vorbei, es gab 3 Zugaben, dann waren sie weg! Und wer hat nicht die Set-Liste abgegriffen nach dem Konzert?! Vielleicht kann ich sie irgendwann teuer verkaufen...

Mein Fazit: Ein wahnsinnig cooles Konzert in kuschliger, siffiger Undergound-Atmosphäre aus der Kategorie „Der Sänger, die geile Sau“. Ich werde irgendwann noch Fan von Slimfit-Hosen an Männerkörpern, ich habs im Gefühl...

Freitag, 3. Oktober 2008

Reeperbahnfestival 08 - Samstag

Auch den Samstag verbrachten wir eher chillig und entspannt in der Schanze, sodass wir unsere Energie für den Abend aufsparten. Diesen begannen wir, wie am Vortag, wieder in der Großen Freiheit 36. Dort spielte eine der am meisten erwarteten Bands des Festivals, TV on the Radio. Die fünf Brooklyner Musiker ließen einige Zeit auf sich warten, doch die Wartezeit hat sich sehr gelohnt. Der leider etwas kurze Gig wurde mit vollem Einsatz dargeboten. Von unserem Premiumplatz direkt vor der Bühne konnten wir den stark von schwarzer Musik beeinflussten experimentellen Rock von TV on the Radio genießen. Vor allem die neuen Stücke wirken live ziemlich funkig, die musik hat teilweise die Energie von Gospelstücken. Keiner der Musiker kommt zwischendurch je zur Ruhe, auch untypische Mittel werden verwendet. Gitarrist David Sittek kloppt teilweise mit einer Rassel auf seine Gitarrensaiten ein und hat ein Glockenspiel an seinem Instrument hängen. Ein Erlebnis.

Anschließend war uns eher nach einem kleineren Konzert, sodass wir uns in einen der schönsten Clubs Hamburgs begaben, die Prinzenbar. In diesem kleinen stuckgeschmückten Saal spielten gerade noch Wildbirds & Peacedrums. Dieses sehr schön anzusehende junge Ehepaar singt nur begleitet von Schlaginstrumenten. Das ist wunderschön! Schade, dass wir nur noch die letzten Stücke mitbekamen.

Es folgten die Dänen von Men among Animals mit ihrem Sinthie-Gitarrenrock, der zum Abgehen animierte. Zudem gab es mal wieder trashige Kostüme und Bühnendeko mit blinkenden Glühbirnen und Seifenblasen. Das passte alles sehr gut zusammen und auch zu unserem langsam steigenden Bierpegel. Zudem hatte man vor der Bühne schön Platz zum Tanzen, was zusätzlich zur Stimmungsaufhellung beitrug.

Nun zum Tiefunkt des Abends. Es war schon relativ spät und nach einem kleinen Abstecher auf der Kinderparty im Molotov beschlossen wir, uns in Angie's Nightclub einen gepflegten Cocktail zu gönnen und dabei "Angie's Houseband" zu lauschen. Ich kann nur eines sagen: es war ziemlich furchtbar. Erstens wurden alle Lieder (selbstverständlich nur Evergreens) im gleichen routinierten funkigen Groove gespielt, sodass alles gleich klang. Zweitens war dort das klassische Ü30 Publikum unterwegs, die dazu sanft hin- und herwogen und wohl meinten, sie seien bei der Party des Jahres. Mich schüttelte es einfach nur.

Deshalb konnten wir jetzt noch nicht nach Hause, das wäre zu frustrierend gewesen. Nach einem weiteren Abstecher im Molotow (wo das Publikum noch immer so jung war) und auf der Datscha-Party im Golden Pudel Club (deutlich besser) stärkten wir uns noch einmal mit Fischbrötchen vom Fischmarkt, bevor es dann endgültig Zeit war, dem ganzen ein Ende zu setzen und sich ins Bett zu begeben.

Mittwoch, 1. Oktober 2008

Reepernbahnfestival 08 – Freitag

Freitag schliefen wir aus und verbrachten den Tag mit Spaziergängen in Wassernähe, sodass wir fit waren für den Konzertmarathon am Abend. In der Tat hatten wir einiges vor, ich hatte vorab den Freitag als den Tag ausgemacht, an dem die größte Dichte an sehr guten Acts festzustellen war, sodass auch die Entscheidung nicht leicht fiel, was wir anschauen würden.Wir begannen den Abend in der Großen Freiheit 36, wo Peter Licht, der etwas skurrile deutsche Singer Songwriter den Anfang machte. Der Herr, von dem es keine offiziellen Fotos gibt, zieht zu meinem erstaunen ein sehr zahlreiches Publikum an. Ich hätte eher gedacht, das sei mehr was für Nerds. Mal wieder der Beweis, dass ich die Popularität von Musikern absolut nicht einschätzen kann.

Es folgte der aktuelle Held der deutschen Indieszene, Konstantin Gropper mit seiner Band Get Well Soon. Allein die Musik (mit Anklängen an Radiohead und Arcade Fire) macht jedes Konzert dieser Band lohnenswert, doch wie schon bei ihrem Konzert, das ich Anfang des Jahres in Berlin gesehen hatte, fehlt es Herrn Gropper noch immer ein wenig an Bühnenpräsenz. Trotzdem war ich begeistert, gehört doch das Debutalbum Rest Now, Weary Head, You Will Get Well Soon zu meinen absoluten Favoriten dieses Jahres.

Entgegen unserer ursprünglich Pläne blieben wir dann noch in der Großen Freiheit, um uns Portugal.The Man anzusehen. Das war eine meiner persönlichen Entdeckungen des Festivals. Auf Platte war ich von der sehr in Richtung Prog gehenden Musik der Band aus Alaska nicht unbedingt überzeugt, live war ich hingegen sehr angetan. Das geht so richtig ab, man kann sich von den über zehnminütigen Stücken berauschen lassen. Das ist ein wenig wie Muse in weniger massentauglich.

Wir gingen dennoch vor Ende des Sets, da ich unbedingt The Rakes im Uebel & Gefährlich sehen wollte. Wir kamen dort auch gerade rechtzeitig für den Anfang von deren Set an, doch die Mädels verließen den Club gleich wieder, da ws ihnen zu voll war. Ich kämpfte mich jedoch durch in die sehr zivilisierte „Pogo-Zone“, wo man schön Platz hatte und abgesehen von ein bisschen Rumschgeschubse ganz gemütlich dem Konzert lauschen konnte. The Rakes sind noch immer die alten, der energetische und sehr tanzbare Indie-Rock passte an diesem Abend hervorragend und die Stimmung war grandios. Zudem wurde einige neue Stücke gespielt, die Lust auf das nächste Album machen!

Auch nach diesem Konzert war dann keine Zeit für eine Pause, ich überquerte schnell die Straße und zwängte mich in den Bumsvollen Knust. Ich hatte Glück und Bon Iver hatten ihr Set mit deutlicher Verspätung begonnen. So konnte ich zwar nur von weit hinten, aber mit guter Sicht und komplett diesem absoluten Highlight lauschen. Diese Newcomerband aus Wisconsin ist ein Juwel, das kann man nicht anders sagen. Einfach nur schöne, ziemlich folkige Musik, Gesang, der zu großen Teilen im Falsett stattfindet, ich kriege jetzt noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke. Das war eindeutig eines der Konzerthöhepunkte des Jahres. Hoffentlich kommt Bon Iver bald wieder nach Deutschland. Bei dem Empfang, der ihnen beim Reeperbahnfestival bereitet wurde, bin ich jedoch guter Dinge. Sie konnten es kaum fassen, wie begeistert das Publikum war und blieben so lange auf der Bühne, bis sie keine eigenen Stücke und Cover mehr hatten, die sie spielen konnten.

Da es dann nicht mehr in Frage kam, ein solches Erlebnis durch irgendeine Indieparty zu zerstören und wir uns nach diesem Konzertmarathon unser Bett verdient hatten, war dann somit auch der zweite Tag schon zu Ende.