Posts mit dem Label Prinzenbar werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Prinzenbar werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Montag, 27. September 2010

Reeperbahnfestival 2010 – Freitag

Ich hatte die weise Entscheidung getroffen, mir den Freitag frei zu nehmen, sodass ich ausgeschlafen und entspannt in den zweiten Festivaltag gehen konnte. Dieser begann für mich schon früh mit dem Besuch von Rays Reeperbahn Revue, wo der alte Haudegen Ray Cokes ausgewählten Bands die Chance gibt, sich kurz vorzustellen und unterhaltsam mit ihnen plaudert. Heute dabei: Cosmo Jarvis, Stornoway, The late Call und Balthazar. Allesamt tolle Künstler, von denen ich aber aus Zeitgründen leider nur Stornoway später auch in concert sehen würde.

Der Konzertabend begann mit einem ersten Höhepunkt im Docks, wo Wolf Parade spielten. Ich mag die Band aus Montreal schon lange sehr gerne. Energischer Indierock vom feinsten, der hier zu dieser frühen Stunde ein wenig verschleudert wurde. Besser wäre eine etwas kleinere Bühne zu späterer Stunde gewesen. Toll war's trotzdem. Angesichts der kurzen Spielzeit wurden ohne viel Aufhebens die Stücke hintereinanderweg gespielt, ich habe alle gehört, die ich hören wollte.


Dann schwang ich mich auf's Rad, um noch rechtzeitig im Knust anzukommen, wo Stornoway ihren Auftritt hatten. Da der Club ja ein wenig abseits von der Reeperbahn liegt, hatten sich hier kaum Zufallsbesucher eingefunden, sodass auch dieses Konzert nicht sonderlich gut besucht war. Eine gute Gelegenheit, um zauberhaft schönen Folk der vier jungen Oxforder zu genießen. Sie kommen ein wenig nerdig und sehr sympathisch daher, Sänger Brian Briggs sorgte zwischen den Stücken mit aufgeschnappten deutschen Redewendungen für beste Stimmung. Es war schwer, nach diesem kuscheligen Set wieder raus in den Regen zu gehen.

Mit dem Rad ging es dann zurück zum Kiez, genauer gesagt ins Indra. Die isländische Band Who Knew spielte hier. Ich fühlte mich durch die Musik einige Stunden zurück versetzt, da sie an den Klang von Wolf Parade erinnerte. Sehr erfreulich und immer wieder erstaunlich, wie ein 300.000 Einwohner Staat wie Island so viele gute Musiker hervorbringen kann.

Weiter geht es dann im Imperial Theater. Ein Abstecher hierher ist beim Reeperbahn Festival fast schon Pflicht. Es ist die einmalige Gelegenheit, ein Konzert vor einer Edgar Wallace Bühnenkulisse zu besuchen und gleichzeitig die Möglichkeit, sich auf den gemütlichen Theatersitzen auszuruhen. Wenn dabei auch noch eine so gute Band wie Goldheart Assembly dazu spielt, umso besser. Die sehr sympathischen Briten machen harmonischen und gar traumwandlerischen Folk-Pop, der live wie auf Platte schwer begeistert.

Frisch ausgeruht waren wir nun bereit für das letzte Konzert des Abends, das kräfteraubender sein sollte. Wieder waren es Isländer, die im Docks auf uns warteten, doch ein ganz anderes Register wie wenige Stunden vorher im Indra. FM Belfast sind eine Elektro-Spaßkapelle à la Deichkind, doch in gut. Sie ziehen mit recht einfachen Mitteln eine mitreißende Show auf der Bühne ab und bringen zu dieser späten Stunde (das Konzert beginnt um halb 2) das Publikum nochmal zu toben. Alle Müdigkeit ist vergessen, es wird getanzt und gesprungen. Die XL-extended Version von „Underwear“ (siehe Video unten) bekommt man dann auch tagelang nicht mehr aus dem Kopf. Auch die Neuinterpretation von „Killing in the Name of“ vergisst man nicht so schnell. Wenn FM Belfast in Deine Nähe kommt, geh hin. Es lohnt sich!


Noch etwas aufgedreht machen wir noch einen kurzen Abstecher in der Prinzenbar, wo das Friska Viljor DJ Team auflegt. Doch für viel mehr als die Feststellung, dass die beiden Spaßvögel ihrem Ruf gerecht werden und sich bereits ordentlich einen hinter die Binde gekippt haben reicht die Kraft nicht mehr. Ab ins Bett, einen Abend müssen wir ja noch durchhalten!

Sonntag, 26. September 2010

Reeperbahnfestival 2010 – Donnerstag

Wie bei kaum einem anderen Festival ist der Besucher des Reeperbahnfestivals gezwungen, sich entweder vorher ausführlich mit dem Programm und den gebuchten Musikern auseinanderzusetzen oder sich immer wieder überraschen zu lassen. Das hat zwei Gründe: zum einen muss man sich zwischen ca. 180 Bands entscheiden, die hier in drei Tagen auftreten, wobei man maximal fünf Bands pro Abend schafft. Es geht ja erst gegen 20 Uhr los und man muss einkalkulieren, dass Locationwechsel auch Zeit kosten können. Zum anderen sind bis auf ein paar Zugpferde der Großteil der beim Reeperbahnfestival auftretenden Künstler zumindest in Deutschland noch kaum bekannte Newcomerbands, die es noch zu entdecken gilt.

In der Regel strickt sich also jeder ein eigenes Festivalprogramm. Diejenigen Bands, die man schon kennt und mag bilden die Fixpunkte, drum herum wollen die zahlreichen offenen Zeitfenster gefüllt werden. Man entdeckt auf diese Weise schon bei der Vorbereitung auf das Festival viel tolle neue Musik, von der man vieles aus Zeitmangel beim Festival nicht live sehen kann.

Der Donnerstag ist traditionell der Tag, an dem das Reeperbahnfestival erst langsam in Fahrt kommt. Es sind noch weniger Locations als an den Folgetagen, der Andrang ist noch nicht ganz so groß und es sind meist auch weniger „Top Acts“ für den Tag geplant. Für uns ging es in der Prinzenbar mit einer französischen Band los, die sich selbst einen ziemlich bescheuerten Namen gegeben hat, The Popopopops. Auf der Festivalhomepage angekündigt als Vetreter der coolen französischen Popmusik à la Phoenix, fühlte ich mich eher an Two Door Cinema Club erinnert. Die sehr jungen und sich – angesichts des Bandnamens nicht unüberraschend – nicht ganz ernst nehmenden Musiker beweisen großes Talent und überzeugen das Publikum der Prinzenbar. Hoffentlich gibt’s davon bald mehr.

Es ging anschließend für einige Stunden hinüber ins Molotow, wo gleich drei interessante Bands am Stück spielten. Zunächst ging es los mit Deer Tick, eine Folk-Rock Band aus den USA. Ähnlich wie küzlich Delta Spirit war ich auch hier erstaunt von der Countrystimme der Sänger, die Songs hätten auch gut aus den 60ern stammen können. Hört man immer wieder gern.

Kurran and The Wolfnotes, die danach an der Reihe waren, sollen laut Festivalprogramm zu den jungen Bands gehören, die sich nach dem Erfolg von Mumford and Sons zur zunehmenden Anzahl junger britischer Bands gehören, die sich zur Folk-Tradition ihres Landes bekennen. Diesen Trend kann ich nur begrüßen, wobei Kurran and The Wolfnotes etwas flotter und mit weniger Pathos unterwegs sind, als die genannten angeblichen Vorbilder. Außer dem nach Auskunft des Sängers einzigen guten Song „Your Four Limbs“ gibt es noch mehr tolle Stücke, die Lust auf das hoffentlich bald erscheinende Debutalbum der Band machen. Der gute Kurran sollte allerdings darüber nachdenken, seine Imposante Rotzremse abzurasieren, das würde vielleicht den Erfolg beiden Mädels verbessern.

Es geht weiter mit Life is Film, ebenfalls eine britische Truppe, die jedoch deutlich poppiger unterwegs ist als ihre Vorgänger auf der Bühne des Molotow. Stellenweise fühlt man sich ein wenig an Scouting for Girls erinnert, ohne dass die Songs jedoch ganz so schnulzig wären. Einige haben jedoch durchaus Potential für die Popwellen des Landes entdeckt zu werden, was in diesem Fall aber wünschenswert wäre und der noch recht schüchtern wirkenden sympathischen Band zu gönnen wäre, den nsie schreiben richtig gute Indiepopsongs. Für mich das beste Konzert des Abends. Es gibt ihn noch, den tanzbaren Indiepop von der Insel. Hier gibt’s die aktuelle Siingle „Sorry“ samt B-Seite als kostenlosen Download.

Zum Abschluss des Abends begaben wir uns ins Docks, um eine der bekannten Bands des heutigen Tages anzuhören. Nachdem ich durch ihr kürzlich erschienenes Album Mavericks sehr positiv überrascht war, freute ich mich auf Johnossi. Obwohl sie nur zu zweit sind, heizen die beiden Schweden auf der Bühne ordentlich ein. Nach der Enttäuschung auf dem Hurricane im vergangenen Jahr bestätigte sich mein verdacht, dass das eine Band für den Club ist, nicht für die Open-Air Bühne. Ganz bis zum Schluss hielten wir es dann angesichts des vorangegangenen Arbeitstages nicht mehr aus, doch ich hatte die Songs gehört, die ich hören wollte, daher war alles gut.

Montag, 12. April 2010

Das geht ins Herz – First Aid Kit in der Prinzenbar

Sie sehen aud und klingen, als seien sie in den 60er und siebziger Jahren in den Catskills oder in Apalachia aufgewachsen. Sind sie aber nicht. Die beiden Söderberg-Schwestern, welche First Aid Kit bilden, sind nach 1990 geboren und kommen aus Schweden. Nichtsdestotrotz machen sie wunderschöne Folkmusik, ihre Vorbilder sind Johnny Cash, Buffy Sainte Marie und andere Folkhelden.

Bereits vor einigen Monaten hatten sie mich als Vorband von Port O’Brien sehr beeindruckt, sodass ich beschloss, mir die beiden Schwestern noch einmal bei ihrer aktuellen Tour anzuschauen. Die intime Atmosphäre der Prinzenbar ist denn auch genau die richtige für diese Art von Konzert. Man kann den klaren Gesang von Klara und Johanna genießen, er geht direkt ins Mark, gerade Live. Zudem sind die beiden sehr darauf aus, mit dem Publikum zu plaudern, gerade die 17 jährige Klara lässt keinen Scherz aus. Highlights des Konzert sind jedoch bei aller Qualität der eigenen Songs die Cover der Fleet Foxes und von Buffy Sainte Marie. Am meisten beeindrucken konnten First Aid Kit aber mit einem ohne Mikro gesungenen Song. Die Stimmen der beiden füllen den totenstillen Club problemlos.

Samstag, 27. Februar 2010

Ein langes Konzertwochenende – Teil 1

Ich bin mit den Feinheiten der Organisation von Tourplänen nicht vertraut, doch es ist doch auffällig, dass es immer wieder Zeiten von extremer Konzertdichte gibt. Dann könnte man, wenn man liquide ist und Durchhaltevermögen besitzt, (fast) täglich ein Konzert besuchen. So war das am vergangenen Wochenende (und hätte auch in der Folge weitergehen können, wenn nicht eine Erkältung mir sämtlichen Elan genommen hätte). So besuchte ich innerhalb von fünf Tagen vier Konzerte.

Los ging es am Donnerstag Abend Im Uebel&Gefährlich, wo der Posterboy der New Yorker (Anti-) Folk-Szene Adam Green zu Gast war. Auffällig ist, dass fünf Jahre nach dem großen Hype um das 2005 erschienene Durchbruchalbum Gemstones und die Hitsingle „Emily“ noch immer ein sehr junges und zum Groupietum neigendes Publikum anwesend war. Meine Konzertbegleiter und ich hoben so den Altersdurchschnitt beträchtlich, zumindest im vorderen Teil des Saals. Dazu jedoch gleich mehr. Denn es gilt zunächst ein paar Worte zur überraschend guten Vorband Jukebox, the Ghost zu verlieren. Das sind drei junge Männer mit eklektischen Musikeinflüssen. Manche Stücke sind Gitarrenlastig, andere neigen mit der Dominanz des Klavier fast zum Rhythm-and-Blues (nicht R'n'B!). Insgesamt auf jeden Fall interessant, alles schnell und Musik für gute Laune. Sollte man auf dem Schirm behalten.

Adam Green kam dann betrunken auf die Bühne. Ich finde so etwas eigentlich sehr respektlos gegenüber dem (teuer) zahlendem Publikum, zumal der Künstler augenscheinlich sehr schwankte und auf der Bühne einige weitere Bier vertilgte (nicht ohne sich despektierlich zum Astra zu äußern, wohl wissend, was die Hamburger Jugend von ihrem „Kultbier“ hält). Gerade am Anfang war es primär der unbeirrbaren und sehr professionell-routiniert agierenden Band zu verdanken, dass alles rund lief. Schlussendlich konnte man dem guten Adam aber verzeihen, denn die Songs saßen, die Stimmung war gut und die Trunkenheit des Sängers war durchaus förderlich für eine gute Atmosphäre. So ließ sich Adam Green zu wiederholtem Crowdsurfing und betatschen der entzückten Fans hinreißen, die eine oder andere wurde auch mal abgeknutscht und wird sich wohl nie wieder die Zähne putzen. Neben den Hits der vergangenen Alben wurde (wenig erstaunlich) vor allem das neueste Album Minor Love bespielt. Dieses ist meiner Meinung nach das bisher beste des Künstlers, ist es doch auch musikalisch interessanter, während das frühere Werk doch hauptsächlich auf provokante Texte setzte. Hier ist der Einfluss von Devendra Banharts deutlich herauszuhören, dessen Umfeld bei der Produktion des Albums eifrig mitmischte.

Ich bin deshalb umso erstaunter über die bestehende Popularität Adam Greens beim kreischenden jungen Gemüse, die sich weder wirklich mit dem Aussehen des Sängers erklären lässt, noch durch seine für solche Anwandlungen besonders verdächtige Musik. Vielleicht ist es ein Hoffnungsschimmer für die musikalische Kultur der Jugend. Jedenfalls ein schönes Konzert.

Am Samstag begaben wir uns wieder etwas weiter in die Indie-Subkultur, da Everybody Was In The French Resistance...Now in der Prinzenbar zu Gast war. Bei dieser musikalischen Formation muss man ein wenig ausholen. Es handelt sich um ein Nebenprojekt des Art-Brut-Kopfes Eddie Argos, der sich mit seiner Freundin Dany Valdez, Pianistin von The Boold Arm, zusammengetan hat. Das Konzept der Band: Jeder Song ihres Albums Fixin' The Charts ist die Antwort auf einen (mehr oder weniger) bekannten Song der Popgeschichte. So zum Beisspiel „Billies Genes“ (recht offensichtlich) oder „G.I.R.L.F.R.I.E.N.“ als Antwort auf Avril Lavignes „Girlfriend“. Ohe die Erläuterungen des Sängers würde man die Verbindung jedoch meist nicht erkennen. Schlussendlich ist das die Fortsetzung der Art-Brut-Ideen mit anderen Mitteln. Statt geistreichem Sprechgesang untermalt von vorzüglichen Rockriffs ist dies geistreicher und popkulturell informierter Sprechgesang untermalt von groovigerer Musik. Also hauptsächlich was für Fans von Art Brut und Eddie Argos. Da ich mich dazu zählte war ich begeistert und sehr zufrieden mit meinem Konzertabend.

Morgen geht es weiter mit Teil 2 – Vampire Weekend und Jägermeister Rock Liga.

Weitere Fotos m Adam Green Konzerts Flickr.

Donnerstag, 3. Dezember 2009

Mittwoch: Mit den Indie-Kids bei Auletta

Auf dem Reeperbahnfestival hatte ich statt Auletta lieber Broken Records angeschaut, mit der Vorahnung, dass erstere sicherlich bald wieder nach Hamburg kämen, was dann tatsächlich der Fall war. Die jungen Mainzer sehen aus wie Poster-Boys der Indie-Generation, doch es ist durchaus auch Substanz dahinter. Die Riffs der Songs kommen einem von den vielen britischen Indiebands zwar bekannt vor, „Schlagt Alarm“ klingt gar wie eine deutsche Version von „I Predict A Riot“. Kaiser Chiefs, Wombats und Co. gehören sicherlich auch zu den musikalischen Inspirationen von Auletta, die es aber wagen, ihre Indie-Partyhits auf Deutsch zu singen. Erstaunlich, dass das bisher kaum einer gemacht hat, des es kommt bei den Kiddies sehr gut an! Ich gehörte vermutlich zu den 10 ältesten Personen, die in der Prinzenbar an diesem Abend anwesend waren und durfte mir mit ansehen, wie das junge Volk, teilweise wohl nicht mal mehr im selben Jarhzehnt geboren wie ich, großes Vergnügen hatte. Die Texte saßen, es wurde getanzt und die Späßchen der Band kamen an. Die Musik darf man in meinem Alter trotzdem noch mögen.

Montag, 12. Oktober 2009

Kilians – Hjaltalín – Kings of Convenience

In Zeiten der Krise muss man effizient sein und Synergieeffekte nutzen. Deshalb gibt’s meine Konzerte der letzen beiden Wochen zusammengefasst in einem Post.

Beginnen wir mit einer etwas gestörten Aktion, einer Fahrt von Hamburg nach Hannover an einem Mittwochabend und das, um die Kilians anzuschauen. Nun, die Tour im Frühjahr war wegen Stimmversagen des Sängers verschoben worden, das Hamburger Nachholkonzert fiel auf einen ungünstigen Termin (zeitgleich mit Maxïmo Park) und jemand hatte eine Karte für das Hannoveraner Konzert abzugeben. Da schlägt man zu, denn ich finde die Kilians sind eine großartige Band.

Bereits nach dem ersten Kilians Konzert, das ich in Berlin gesehen hatte, war ich sehr angetan von dieser Gruppe aus der deutschen Provinz, die klingt wie die besten The-Bands des angelsächsischen Indie-Hypes. Daran hat sich nicht geändert. Allerdings war es schon seltsam, inmitten von Provinz-Kiddies (das soll jetzt nicht überheblich klingen, doch es gibt schon einen deutlichen Unterschied zwischen Hamburger und Hannoveraner Konzertgängern) zu stehen und Anfang-Zwanzigern auf der Bühne zu bewundern. Gelohnt hat es sich jedoch, denn die Kilians sind und bleiben live sehr sehens- und hörenswert. Selbst die Laberei zwischen den Stücken, die sich Sänger Simon den Hartog wohl auf Tour von Thees Uhlmann abgeschaut hat, ist nicht nur dummes Zeug und hält sich gerade noch so in Grenzen. Ein Erfolg über die jugendliche Zielgruppe hinaus wäre ihnen sehr zu gönnen.

Eine gute Woche später, zurück in den vertrauten Hamburger Clubs, genauer gesagt in der wunderbaren Prinzenbar. Hier spielt die nicht weniger wunderbare isländische Band Hjaltalín. Auf dem Dockville Festival war die Siebener-Combo etwas unter Wert als Opener für den ersten Festivaltag auf die Bühne geschickt worden, deshalb war ein Konzertgang in intimerer Clubatmosphäre angebracht. Man staunt immer wieder, wie ein Dreihunderttausend-Einwohner-Ländchen wie Island immer wieder innovative Bands hervorbringt und damit die Musikwelt bereichert. Im Musikmagazin meiner Wahl wurde die Theorie in den Raum gestellt, das läge daran, das man auf dem isländischen Musikmarkt ohnehin nicht von seinem künstlerischen Schaffen leben könne und die Bands dort deshalb nicht auf musikalischen Erfolg aus seien.

Nun, das kann sein, jedenfalls hat Hjaltalín neben seiner Herkunft ein weiteres Alleinstellungsmerkmal: es ist die einzige Rockband die ich kenne, bei der eine Fagottistin fester Bestendteil der Band ist. Die siebenköpfige Gruppe um Sänger Högni spielt orchestralen Folk, der spaß macht und interessant klingt. Beim Konzert in der Prinzenbar kam eine erstaunliche Vorliebe der Band für Disco zutage, die sich nicht nur während des Sets durch eine neue Eigenkomposition, sondern auch in der Zugabe äußerte, in der eine etwas eigenwillige Version von Michal Jacksons „Don’t Stop 'til You Get Enough“ dargeboten wurde“. Ein Genuss.

Einen vorläufigen Höhepunkt dieser herbstlichen Konzertsaison durfte ich am vergangenen Samstag erleben. Nach längerer Schaffenspause (in dieser Konstellation) waren die Kings of Convenience anlässlich ihrer Tour zu ihrem gerade erschienenen dritten Album Declaration of Dependance in der Stadt, genauer gesagt im Kampnagel. Das dortige K6 erwies sich als gute Wahl für dieses Konzert, da die Kombination aus Sitzplatztribüne und Stehplätzen vor der Bühne trotz der Größe des Saals eine recht intime Atmosphäre ermöglichte. Beim ruhigen Acoustic-Folk der Kings of Convenience war das ein eindeutiges Plus. Stichwort ruhig: die einen finden die Musik der beiden Norweger Erlend Øye und Eirik Glambek Bøe langweilig, die anderen wunderschön. Doch noch mehr werden vermuten, dass deren Konzerte mit Sicherheit Langeweile versprechen. Nun, genug Menschen denken das nicht, denn das Konzert im Kampnagel war langes schon ausverkauft.

Diejenigen, die sich frühzeitig Karten ergattert hatten, wurden durch ein absolutes Konzerthighlight belohnt. Es begann zugegeben etwas ruhig, Herr Øye wirkte anfangs etwas verstimmt. Das legte sich schnell. Die erste Hälfte des Konzert bestritten die beiden Herren alleine auf der Bühne, jeder eine Akustikgitarre bespielend. Erstaunlich, was man mit diesen Instumenten für eine Stimmung erzeugen kann, wenn man sie so gut beherrscht. Dazu die perfekt harmonierenden Stimmen der beiden Herren. Dann wurde Verstärkung geholt, von einem (Contra-)Bassisten und einem Violonisten. Nun wurde die Musik noch Stimmungsvoller. Waren zu Anfang noch die ruhigeren Songs des neuen sowie des ersten Albums Quiet is the New Loud gespielt worden, kamen im diesem zweiten Konzertteil die etwas schwungvolleren Stücke von Riot on an Empty Street zum Zuge. Das Publikum war entzückt.

Das Konzert ist im Übrigen alles andere als Langweilig. Die Herren Øye und Bøe kommunizieren ganz gern mit dem Publikum und haben offensichtlich sehr viel Spaß am spielen. Es gibt Witze, Croudpleaser, Audience Participation und es wird nach Wünschen des Publikums gefragt. Diese kann man auch ganz gut breücksichtigen, wenn man, wie wir erfahren, keine Setlist hat. Nun, „I’d Rather Dance…“ wurde dennoch erst als letzte Zugabe gespielt. Soviel Planung war schon drin. Zudem hatten die beiden nicht genug von ihrem etwa 100 Minütigen Set, Erlend Øye (übrigens der absolute Obernerd, man kann sich nur amüsieren, wenn man ihn anschaut) hatte noch spontan eine Aftershow-Party in einem Nebenraum des Kampnagel organisiert, wo er dann das beste aus der Musiksammlung seines Laptops zum besten gab. Übrigens eine durchaus überraschende Mischung. Und Mittendrin amüsierte sich am meisten: die Band.

Eins noch, das ich an dieser Stelle loswerden will: Während des Konzerts stellt Eirik Glambek Bøe eine Frage in den Raum, die viel über die deutsche Radiolandschaft aussagt. Er berichtete, dass eine italienische Freundin ihm schrieb, sie sei genervt, weil die aktuelle Single der Kings Of Convenience „Mrs. Cold“ im italienischen Radio zu Tode gespielt werde. „How come we are considered a mainstream band in Italy and, well, difficult in Germany?“ Nun, das frage ich mich auch! Und in der Tat: Platz 5 der Italienische Radio-Airplay-Charts.

Freitag, 25. September 2009

Reeperbahnfestival 09 - Tag Eins

Zum zweiten mal innerhalb von zwei Monaten besuchte ich Hamburg. Erneut war ein Musikfestival der Grund des Besuchs. Nach dem Dockville im August stand im September das Reeperbahnfestival auf den Programm.

An drei Tagen treten neben international Bekannten Bands à la Editors, Dinosaur Jr. oder Deichkind vor allem junge aufstrebende Bands in denerschiedenen Clubs der Repperbahn auf.

Für uns begann das Festival am Donnerstagabend im Impereal Theater, wo normalerwesie keine Konzerte stattfinden. Hier trat Berry auf eine französische Sängerin, die musikalisch etwas an Carla Bruni erinnert. Die hübsche junge Dame brachte mit ihrem durchsichtigen Top mit tiefen Auschnitt und ihren netten Liedchen sicherlich einige norddeutsche Männerherzen zum schmelzen. Meines zwar nicht, trotzdem war es ein nettes Konzert.

Wir zogen weiter in (Zitat Pierre) Deutschlands schönsten Club, die Prinzenbar. Als wir ankamen spielte die norwegische Band Washington auch schon. Sie hätten ihrer Musik nach durchaus aus Portland, Oregon kommen können. Wunderbaren folkig angehauchten Rock mit einer Prise Pathos. Ein wunderschönes Konzert. Sicherlich eines der Höhepunkte des Wochenendes.

Sofort danach ging es weiter ins Docks zu Biffy Clyro. Die drei Schotten sind musikalisch nicht eindeutig zuzuordnen. Indie,(college-)Rock, Metal, Prog, Emo, von allem etwas dabei. Das relativ junge Publikum, das sich eingefunden hatte, war sehr textsicher und pogte sogar ein wenig. Große Dichter sind sie allerdings nicht, denn sie greifen doch sehr oft auf oooooh oooooh lalala Passagen zurück. Gute Musiker sind sie aber allemal.

Danach wollten wir eigentlich ins Molotow um uns Future of the Left anzuschauen, da es im Club aber so heiß war, gingen wir nach kurzer Zeit schon wieder zurück ins Impereal Theater. Eine relativ große Menschenmenge wartete davor und wir befürchteten schon nicht mehr reinzukommen.

Nach kurzen warten und drängeln waren wir auch schon drin um uns Au revoir Simone anzuschauen. Die drei Damen aus New York spielten auf Keyboard, Synthies und anderen elektronischen Tasteninstrumenten gemütliche Elektro-Musik. Die drei jungen Damen verspühten einen gewissen alternativen Indie-Hippie Charme und hatten sichtlich ihren Spaß. Doch etwas müde traten wir den Heimweg, gezwungernermaßen zu Fuß, an.

Samstag, 9. Mai 2009

Zwei Abende in Hamburgs schönsten Club

Eine solche Dichte an guten Konzerten wie in diesen Tage habe ich persönlich noch nicht erlebt. Deshalb gibt es keine Zeit sich auszuruhen und ich verbringe derzeit viele Abende in den Indie-Clubs der Stadt. Etwas besonderes ist es immer, einem Konzert in der Prinzenbar beizuwohnen. Dieser Stuckverzierte Raum auf der Rückseite des Docks bietet eine besonders intime Atmosphäre in einem unvergleichlichen Rahmen. Wenn man folglich dort gleich zwei Abende am Stück verbringen kann, kommt Freude auf.

Am Donnerstag spielten The Indelicates in der Prinzenbar. Diese Band ist meiner Ansicht nach ein absoluter Geheimtipp. Deren Köpfe sind Simon Clayton und Julia Clark Lowes – auch Simon und Julia Indelicate genannt. Simon ist sicherlich einer der besten zeitgenössischen Songschreiber des Vereinigten Königreichs: seine Stücke handeln von Liebe, Leben und Popkultur. Gerade popmusikreferentielle Songs wie „Waiting for Pete Doherty to Die“ oder „If Jeff Buckley Had Lived“ sind echte Perlen. An diesem Abend durfte das recht spärlich erschienene Publikum von echten Fans Zeuge des perfekten Zusammenspiels der beiden Sänger sein, denn sie boten auf der Bühne der Prinzenbar ein Akustikset ohne weitere Bandmitglieder. Die Sache ist durchaus als Experiment zu verstehen, vieles ist spontan, neben den bekannten Stücken des einzigen, hervorragenden Albums American Demo, gibt es nicht nur den „Recession Song“ (zu hören auf der Myspace Seite – in Kooperation mit Mickey von Art Brut), sondern auch ein paar neue Stücke, die vor Publikum gestestet werden. Gerade das Spontane an diesem Auftritt und die kleinen Pannen („we wanted to practice, but then we foght very badly“) machen diese Band umso sympathischer. Auch die eigentlich rockigeren Stücke wie „America“ funktionieren als Akustikfassung übrigens sehr gut. Es sind weitere Akustikshows in Deutschland geplant – hingehen, wenn die Indelicates in Deine Nähe kommen!

Am folgenden Tag gab es noch einmal was Besonderes in der Prinzenbar: Die irische Popband Bell X1 spielte hier im Rahmen ihrer ersten europäischen Headliner-Tour. Bell X1 sind keine unbekannten und keine Newcomer. Sie ist 1999 aus der Band Juniper hervorgegangen, wo auch Damien Rice Mitglied war. Im Laufe der Zeit haben sie sich als eine der erfolgreichsten Bands Irlands etabliert, ihre beiden letzten Alben besetzten dort die Spitze der Charts. Der internationale Durchbruch (inklusive Auftritten in amerikanische Late-Night-Shows) begann mit ihrem vorletzten Album Flock, das 2008 auch in Deutschland erschien. Dabei geholfen haben sicherlich auch die Platzierung von Songs in Serien wie The O.C. und Grey’s Anatomy. Nun soll wohl über eine Clubtour das europäische Festland erobert werden. Immerhin werden sie hier vom Majorlabe Universal vertieben.

Man merkt Bell X1 die Bühnenerfahrung an. So wie Bell X1 in der Prinzenbar stelle ich es mir vor, wenn eine in Deutschland erfolgreiche Band wie Wir sind Helden einen Auftritt im Ausland nutzt, um mal wieder in einem kleinen Club auftreten zu können. Die Band weiß genau, wie man das Publikum in die Tasche steckt und welche Stücke gut ankommen. Die besten sind auch dem Publikum durchaus bekannt, viele werden durch Erkennungjubel begrüßt. Allerdings werden die Songs auch nicht einfach runtergespielt, es gibt teilweise längere Instrumentaleinlagen oder Percussion-Passagen – sowas sorgt natürlich auch immer für Stimmung. Der Musikexpress hat Bell X1 mal musikalisch auf halbem Weg zwischen Coldplay und Snow Patrol angesiedelt. Das ist sicherlich nicht ganz falsch, ich würde jedoch einfach sagen, dass die Band den Pfaden der irischen Sentimentalpoptradition folgt, von der Beispielsweise auch The Frames ein Vertreter sind. Wenn das Dudelradio sie entdeckt, gibt es vermutlich kein Entrinnen mehr.

Leider kam ich für die exzellente Vorband Duke Special zu spät, was ich sehr ärgerlich fand, doch ein Konzert am Freitagabend so früh beginnen zu lassen ist einfach nicht arbeitnehmerfreundlich.

Freitag, 3. Oktober 2008

Reeperbahnfestival 08 - Samstag

Auch den Samstag verbrachten wir eher chillig und entspannt in der Schanze, sodass wir unsere Energie für den Abend aufsparten. Diesen begannen wir, wie am Vortag, wieder in der Großen Freiheit 36. Dort spielte eine der am meisten erwarteten Bands des Festivals, TV on the Radio. Die fünf Brooklyner Musiker ließen einige Zeit auf sich warten, doch die Wartezeit hat sich sehr gelohnt. Der leider etwas kurze Gig wurde mit vollem Einsatz dargeboten. Von unserem Premiumplatz direkt vor der Bühne konnten wir den stark von schwarzer Musik beeinflussten experimentellen Rock von TV on the Radio genießen. Vor allem die neuen Stücke wirken live ziemlich funkig, die musik hat teilweise die Energie von Gospelstücken. Keiner der Musiker kommt zwischendurch je zur Ruhe, auch untypische Mittel werden verwendet. Gitarrist David Sittek kloppt teilweise mit einer Rassel auf seine Gitarrensaiten ein und hat ein Glockenspiel an seinem Instrument hängen. Ein Erlebnis.

Anschließend war uns eher nach einem kleineren Konzert, sodass wir uns in einen der schönsten Clubs Hamburgs begaben, die Prinzenbar. In diesem kleinen stuckgeschmückten Saal spielten gerade noch Wildbirds & Peacedrums. Dieses sehr schön anzusehende junge Ehepaar singt nur begleitet von Schlaginstrumenten. Das ist wunderschön! Schade, dass wir nur noch die letzten Stücke mitbekamen.

Es folgten die Dänen von Men among Animals mit ihrem Sinthie-Gitarrenrock, der zum Abgehen animierte. Zudem gab es mal wieder trashige Kostüme und Bühnendeko mit blinkenden Glühbirnen und Seifenblasen. Das passte alles sehr gut zusammen und auch zu unserem langsam steigenden Bierpegel. Zudem hatte man vor der Bühne schön Platz zum Tanzen, was zusätzlich zur Stimmungsaufhellung beitrug.

Nun zum Tiefunkt des Abends. Es war schon relativ spät und nach einem kleinen Abstecher auf der Kinderparty im Molotov beschlossen wir, uns in Angie's Nightclub einen gepflegten Cocktail zu gönnen und dabei "Angie's Houseband" zu lauschen. Ich kann nur eines sagen: es war ziemlich furchtbar. Erstens wurden alle Lieder (selbstverständlich nur Evergreens) im gleichen routinierten funkigen Groove gespielt, sodass alles gleich klang. Zweitens war dort das klassische Ü30 Publikum unterwegs, die dazu sanft hin- und herwogen und wohl meinten, sie seien bei der Party des Jahres. Mich schüttelte es einfach nur.

Deshalb konnten wir jetzt noch nicht nach Hause, das wäre zu frustrierend gewesen. Nach einem weiteren Abstecher im Molotow (wo das Publikum noch immer so jung war) und auf der Datscha-Party im Golden Pudel Club (deutlich besser) stärkten wir uns noch einmal mit Fischbrötchen vom Fischmarkt, bevor es dann endgültig Zeit war, dem ganzen ein Ende zu setzen und sich ins Bett zu begeben.