Es ist schon bemerkenswert, wie eine amerikanische Band wie Beirut durch postmodernes Aufgreifen und neu Zusammenfügen von traditionsverwurzelter Populärmusik – Ursprünge, je nach Schaffensphase, Balkan, französische Chanson, Mexiko – ihre musikalische Nische gefunden hat und einen solchen Anklang findet. Die Affinität für eher gegen Weltmusik tendierende Klänge hätte ich eher bei der zu Anfang genannten Zielgruppe erwartet. Allerdings erfreut sich ja auch seit längerer Zeit der Balkanpop mit dem Bucovina-Club, der Russendisko oder den Datscha-Parties zunehmend an Beliebtheit. Eine gewisse Verwandtschaft hiermit kann man bei Beirut sicherlich erkennen, auch wenn deren Musik sicher einen intellektuelleren Anspruch hat.
In Stimmung gebracht wurde das Publikum des Docks von der Ein-Mann-Vorband Alaska-in Winter, Teil des Zach Condon-Beirut-A-Haw-and-a-Hacksaw-Dunstkreises. Hier hat ein Musiker entschieden, seine ebenfalls von osteuropäischen Einflüssen bestimmte electrobehaftete Popmusik, unter Zuhilfenahme von multimedialen Accessoires alleine vorzutragen. Brandon Bethancourt hat offensichtlich alle Instrumente und Gesangsparts seiner Platten selbst eingespielt und lässt sich entsprechend auf der Bühne von einer aus sich selbst bestehenden Band begleiten. Dies geschieht über Projektionen seiner diversen Persönlichkeiten auf Leinwand, dazu wird – stets in passender Kleidung – mit Vocoderverzerrter Stimme gesungen. Eine originelle Art, auf sich aufmerksam zu machen. Gleichzeitig eine gute Einstimmung auf Beirut.
Diese werden vom Publikum mit frenetischem Jubel begrüßt. Beim opener „Nantes“ singt die ganze Halle mit – noch eine Überraschung, eine solche Textfestigkeit hätte ich nicht erwartet. Es folgen eine gute Stunde solide vorgetragener und enthusiastisch rezipierter Folklorepop. Die Musiker sind exzellent, Zach Condons Stimme ist live eine Wucht. Es geht quer durch das Werk der Band, dazwischen ein bemerkenswertes und sehr schönes Cover des Serge Gainsbourg Klassikers „La Javanaise“ (Original vs. Cover). Beeindruckend ist vor allem die starke Präsenz der Blechblasinstrumente, die auf Platte weniger auffällt – die ganze Palette ist vertreten, Trompete, Posaune, Horn, Tuba. Dafür erlebe ich mein erstes Popkonzert ohne Gitarre – weder E- noch akustisch. Immerhin kommt aber die Ukulele zum Einsatz. Zum Schluss kommt der Saal nicht aus dem Jubeln heraus, doch nach 4 Zugaben ist Schluss – auch wenn angesichts der Begeisterung im Docks augenscheinlich ein weiterer Bonus von der Band debattiert wurde – die ermatteten Musiker haben sich aber dann doch gegen den durchaus noch motivierten Bandleader durchgesetzt. Dennoch ein absoluter Erfolg!
Dieser Mitschnitt des Konzertopeners "Nantes" fängt die Stimmung ganz gut ein:
Hier noch schöne Fotos bei Flickr (nicht vom Hamburger Konzert).
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