Samstag, 27. Februar 2010

Ein langes Konzertwochenende – Teil 1

Ich bin mit den Feinheiten der Organisation von Tourplänen nicht vertraut, doch es ist doch auffällig, dass es immer wieder Zeiten von extremer Konzertdichte gibt. Dann könnte man, wenn man liquide ist und Durchhaltevermögen besitzt, (fast) täglich ein Konzert besuchen. So war das am vergangenen Wochenende (und hätte auch in der Folge weitergehen können, wenn nicht eine Erkältung mir sämtlichen Elan genommen hätte). So besuchte ich innerhalb von fünf Tagen vier Konzerte.

Los ging es am Donnerstag Abend Im Uebel&Gefährlich, wo der Posterboy der New Yorker (Anti-) Folk-Szene Adam Green zu Gast war. Auffällig ist, dass fünf Jahre nach dem großen Hype um das 2005 erschienene Durchbruchalbum Gemstones und die Hitsingle „Emily“ noch immer ein sehr junges und zum Groupietum neigendes Publikum anwesend war. Meine Konzertbegleiter und ich hoben so den Altersdurchschnitt beträchtlich, zumindest im vorderen Teil des Saals. Dazu jedoch gleich mehr. Denn es gilt zunächst ein paar Worte zur überraschend guten Vorband Jukebox, the Ghost zu verlieren. Das sind drei junge Männer mit eklektischen Musikeinflüssen. Manche Stücke sind Gitarrenlastig, andere neigen mit der Dominanz des Klavier fast zum Rhythm-and-Blues (nicht R'n'B!). Insgesamt auf jeden Fall interessant, alles schnell und Musik für gute Laune. Sollte man auf dem Schirm behalten.

Adam Green kam dann betrunken auf die Bühne. Ich finde so etwas eigentlich sehr respektlos gegenüber dem (teuer) zahlendem Publikum, zumal der Künstler augenscheinlich sehr schwankte und auf der Bühne einige weitere Bier vertilgte (nicht ohne sich despektierlich zum Astra zu äußern, wohl wissend, was die Hamburger Jugend von ihrem „Kultbier“ hält). Gerade am Anfang war es primär der unbeirrbaren und sehr professionell-routiniert agierenden Band zu verdanken, dass alles rund lief. Schlussendlich konnte man dem guten Adam aber verzeihen, denn die Songs saßen, die Stimmung war gut und die Trunkenheit des Sängers war durchaus förderlich für eine gute Atmosphäre. So ließ sich Adam Green zu wiederholtem Crowdsurfing und betatschen der entzückten Fans hinreißen, die eine oder andere wurde auch mal abgeknutscht und wird sich wohl nie wieder die Zähne putzen. Neben den Hits der vergangenen Alben wurde (wenig erstaunlich) vor allem das neueste Album Minor Love bespielt. Dieses ist meiner Meinung nach das bisher beste des Künstlers, ist es doch auch musikalisch interessanter, während das frühere Werk doch hauptsächlich auf provokante Texte setzte. Hier ist der Einfluss von Devendra Banharts deutlich herauszuhören, dessen Umfeld bei der Produktion des Albums eifrig mitmischte.

Ich bin deshalb umso erstaunter über die bestehende Popularität Adam Greens beim kreischenden jungen Gemüse, die sich weder wirklich mit dem Aussehen des Sängers erklären lässt, noch durch seine für solche Anwandlungen besonders verdächtige Musik. Vielleicht ist es ein Hoffnungsschimmer für die musikalische Kultur der Jugend. Jedenfalls ein schönes Konzert.

Am Samstag begaben wir uns wieder etwas weiter in die Indie-Subkultur, da Everybody Was In The French Resistance...Now in der Prinzenbar zu Gast war. Bei dieser musikalischen Formation muss man ein wenig ausholen. Es handelt sich um ein Nebenprojekt des Art-Brut-Kopfes Eddie Argos, der sich mit seiner Freundin Dany Valdez, Pianistin von The Boold Arm, zusammengetan hat. Das Konzept der Band: Jeder Song ihres Albums Fixin' The Charts ist die Antwort auf einen (mehr oder weniger) bekannten Song der Popgeschichte. So zum Beisspiel „Billies Genes“ (recht offensichtlich) oder „G.I.R.L.F.R.I.E.N.“ als Antwort auf Avril Lavignes „Girlfriend“. Ohe die Erläuterungen des Sängers würde man die Verbindung jedoch meist nicht erkennen. Schlussendlich ist das die Fortsetzung der Art-Brut-Ideen mit anderen Mitteln. Statt geistreichem Sprechgesang untermalt von vorzüglichen Rockriffs ist dies geistreicher und popkulturell informierter Sprechgesang untermalt von groovigerer Musik. Also hauptsächlich was für Fans von Art Brut und Eddie Argos. Da ich mich dazu zählte war ich begeistert und sehr zufrieden mit meinem Konzertabend.

Morgen geht es weiter mit Teil 2 – Vampire Weekend und Jägermeister Rock Liga.

Weitere Fotos m Adam Green Konzerts Flickr.

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