Samstag begaben wir uns bereits sehr frühzeitig Richtung Kiez. Wir wollten nicht nur rechtzeitig um halb acht für The Cinematics im Docks sein, sondern vorher noch in Schmidt’s Theater zum Meet&Greet with Ray. Klingt ein wenig cheesy, war aber eine richtig nette Veranstaltung. Ray Cokes, bekannt aus frühen MTV Europe Zeiten, begrüßte auf der Bühne des Theaters in relativ intimer Atmosphäre einige der Künstler, die an diesem Abend auftreten sollten. Heute mit dabei: Dear Reader, Hellsongs, Animal Kingdom, Fight Like Apes sowie Heidi Happy. Jeder Künstler darf ein bis zwei Akustik-Songs darbieten und anschließend zum Smalltalk auf die Couch, dazu gibt’s immer gleich ein Paar Drinks. Ein guter Vorgeschmack auf den Abend, zumal wir einige der Bands noch einmal sehen sollten.
Nun ging es aber richtig los, und zwar mit The Cinematics im Docks. Die Musik dieser wunderbaren Band klingt ein wenig düster, zu ihren Inspirationen gehören sicherlich Joy Division. Gleichzeitig ist das ganze jedoch sehr tanzbar. Seltsam, dass The Cinematics so früh auf die Bühne geschickt und somit etwas unter Wert verkauft wurden. Allerdings war durchaus schon ein zahlreiches Publikum da, um die vier zu bejubeln.
Der Versuch, im Molotow das Ende des Sets der Fight Like Apes anzusehen scheiterte am großen Andrang, sodass wir gemütlich im Vorraum bei einem Bierchen der Musik lauschten und alsbald in die Große Freiheit 36 weiter zogen, wo der Auftritt von Jupiter Jones bevorstand. Es handelt sich dabei um eine Deutsch-Pop-Rock Band aus der Eiffel, deren Musik was von KettCar hat, mit weniger geistreichen Texten und mit einem kleinen Einschlag Tote Hosen. Teilweise ist man jedoch auch hart an der Grenze zu JuliSilbermond. Man kann sich gut vorstellen, wie sich junge Männer aus der Provinz zum Gesang von Nicholas Müller bierselig in den Armen liegen.
Nun trennten sich unsere Wege. Während Rémi seiner beim Hurricane Festival entdeckte Liebe zu Asteroids Galaxy Tour im Knust fröhnte, begab ich mich zurück ins Docks. Angesichts der Schlange fürchtete ich, es nicht mehr in das Konzert von Friska Viljor zu schaffen, doch die fröhlichen Schweden begannen gerade zu spielen, als ich die volle Halle betrat. Kaum zu glauben, dass ich die Band vor drei Jahren noch im Vorprogramm von Eagle*Seagull vor recht spärlichem Publikum im Karlsruher Substage gesehen hatte. Friska Viljor folgen noch immer demselben Rezept und spielen lustige melodische Trinklieder für Indie-Kids, wobei gerne ins Falsett gewechselt wird. Ein Spaß ist das allemal. Ich bin gespannt auf das im Oktober erscheinende dritte Album, denn die Stücke, die daraus dargeboten wurde waren eher der ruhigeren Art.
Ich wechselte schnell hinüber ins Molotow zur Band, die für mich persönlich die Entdeckung des Festivals sein sollte: Animal Kingdom. Ray Cokes hatte die vier Bilderbuch-Indiejungs in seiner Show (s.o.) mit Radiohead und Coldplay (als diese noch gut waren) verglichen. Das mag vielleicht noch ein wenig hoch gegriffen sein, doch die recht weibliche Gesangsstimme von Richard Sauberlich erinnert tatsächlich ein wenig an Thom Yorke. Die Musik ist jedenfalls wunderschön, das gerade erschienene Album Signs and Wonders wird es sicherlich auf die Jahresbestenlisten schaffen. Die Band war erstmals in Deutschland und hocherfreut, dass sie so gut beim Publikum ankamen. Ich hoffe, dass sie bald wieder nach Hamburg kommen.
Den Abschluss unseres heutigen Programms bildeten alte Bekannte, Dear Reader aus Südafrika. Ich sah diese sehr liebenswerte band bereits zum dritten Mal in diesem Jahr und es ist jedes Mal ein schönes Erlebnis. Man kann geradezu verfolgen, wie Dear Reader an Routine und Erfahrung auf Europas Bühnen gewinnt. Cherilyn MacNeil wickelt das Publikum noch immer mit ihrem Charme, ihrer folkig-innovativen Musik und ihren Texten um den Finger. Heute wurde die Band verstärkt durch ihren Produzenten Brent Knopf. Der Menomena-Gitarrist begleitet mit seinem Nebenprojekt Ramona Falls seine Schützlinge von Dear Reader auf Europatour. Ganz beseelt verließen wir das Grünspan und konnten nach drei Festivaltagen nicht mehr die Energie aufbringen, um noch irgendwo feiern zu gehen.