Dienstag, 29. September 2009

Reeperbahnfestival 09 - Tag Drei

Samstag begaben wir uns bereits sehr frühzeitig Richtung Kiez. Wir wollten nicht nur rechtzeitig um halb acht für The Cinematics im Docks sein, sondern vorher noch in Schmidt’s Theater zum Meet&Greet with Ray. Klingt ein wenig cheesy, war aber eine richtig nette Veranstaltung. Ray Cokes, bekannt aus frühen MTV Europe Zeiten, begrüßte auf der Bühne des Theaters in relativ intimer Atmosphäre einige der Künstler, die an diesem Abend auftreten sollten. Heute mit dabei: Dear Reader, Hellsongs, Animal Kingdom, Fight Like Apes sowie Heidi Happy. Jeder Künstler darf ein bis zwei Akustik-Songs darbieten und anschließend zum Smalltalk auf die Couch, dazu gibt’s immer gleich ein Paar Drinks. Ein guter Vorgeschmack auf den Abend, zumal wir einige der Bands noch einmal sehen sollten.

Nun ging es aber richtig los, und zwar mit The Cinematics im Docks. Die Musik dieser wunderbaren Band klingt ein wenig düster, zu ihren Inspirationen gehören sicherlich Joy Division. Gleichzeitig ist das ganze jedoch sehr tanzbar. Seltsam, dass The Cinematics so früh auf die Bühne geschickt und somit etwas unter Wert verkauft wurden. Allerdings war durchaus schon ein zahlreiches Publikum da, um die vier zu bejubeln.

Der Versuch, im Molotow das Ende des Sets der Fight Like Apes anzusehen scheiterte am großen Andrang, sodass wir gemütlich im Vorraum bei einem Bierchen der Musik lauschten und alsbald in die Große Freiheit 36 weiter zogen, wo der Auftritt von Jupiter Jones bevorstand. Es handelt sich dabei um eine Deutsch-Pop-Rock Band aus der Eiffel, deren Musik was von KettCar hat, mit weniger geistreichen Texten und mit einem kleinen Einschlag Tote Hosen. Teilweise ist man jedoch auch hart an der Grenze zu JuliSilbermond. Man kann sich gut vorstellen, wie sich junge Männer aus der Provinz zum Gesang von Nicholas Müller bierselig in den Armen liegen.

Nun trennten sich unsere Wege. Während Rémi seiner beim Hurricane Festival entdeckte Liebe zu Asteroids Galaxy Tour im Knust fröhnte, begab ich mich zurück ins Docks. Angesichts der Schlange fürchtete ich, es nicht mehr in das Konzert von Friska Viljor zu schaffen, doch die fröhlichen Schweden begannen gerade zu spielen, als ich die volle Halle betrat. Kaum zu glauben, dass ich die Band vor drei Jahren noch im Vorprogramm von Eagle*Seagull vor recht spärlichem Publikum im Karlsruher Substage gesehen hatte. Friska Viljor folgen noch immer demselben Rezept und spielen lustige melodische Trinklieder für Indie-Kids, wobei gerne ins Falsett gewechselt wird. Ein Spaß ist das allemal. Ich bin gespannt auf das im Oktober erscheinende dritte Album, denn die Stücke, die daraus dargeboten wurde waren eher der ruhigeren Art.

Ich wechselte schnell hinüber ins Molotow zur Band, die für mich persönlich die Entdeckung des Festivals sein sollte: Animal Kingdom. Ray Cokes hatte die vier Bilderbuch-Indiejungs in seiner Show (s.o.) mit Radiohead und Coldplay (als diese noch gut waren) verglichen. Das mag vielleicht noch ein wenig hoch gegriffen sein, doch die recht weibliche Gesangsstimme von Richard Sauberlich erinnert tatsächlich ein wenig an Thom Yorke. Die Musik ist jedenfalls wunderschön, das gerade erschienene Album Signs and Wonders wird es sicherlich auf die Jahresbestenlisten schaffen. Die Band war erstmals in Deutschland und hocherfreut, dass sie so gut beim Publikum ankamen. Ich hoffe, dass sie bald wieder nach Hamburg kommen.

Den Abschluss unseres heutigen Programms bildeten alte Bekannte, Dear Reader aus Südafrika. Ich sah diese sehr liebenswerte band bereits zum dritten Mal in diesem Jahr und es ist jedes Mal ein schönes Erlebnis. Man kann geradezu verfolgen, wie Dear Reader an Routine und Erfahrung auf Europas Bühnen gewinnt. Cherilyn MacNeil wickelt das Publikum noch immer mit ihrem Charme, ihrer folkig-innovativen Musik und ihren Texten um den Finger. Heute wurde die Band verstärkt durch ihren Produzenten Brent Knopf. Der Menomena-Gitarrist begleitet mit seinem Nebenprojekt Ramona Falls seine Schützlinge von Dear Reader auf Europatour. Ganz beseelt verließen wir das Grünspan und konnten nach drei Festivaltagen nicht mehr die Energie aufbringen, um noch irgendwo feiern zu gehen.

Samstag, 26. September 2009

Reeperbahnfestival 09 - Tag Zwei

Am Freitagabend ging es mit Auletta los, einer jungen Band aus Mainz. Die Jungs sahen aus wie aus dem Indie-Klischee Katalog, Röhrenjeans inklusive. Musikalisch ist Auletta eine Mischung aus den Kaiser Chiefs, den Wombats und Madsen, jedoch mit deutschen Texten. Erstaunlich war, dass sie es schafften, das doch recht große Docks ziemlich gut zu füllen. Das relativ junge Publikum war denn auch begeistert und es bildete sich sogar ein kleiner Pogo-Pit.

Da ich noch das Ende des Auftritts der Broken Records sehen wollte hörte ich mir die Zugabe nicht an und flitzte in die O2 World on Tour. Die Halle ist genau so, wie der Name klingt – ein Kommerz-Tempel. Irgendwie wirkt aufgrund der weißen Stühle und der Helligkeit alles sehr steril. Einziger Vorteil: Das Freigetränk für O2 Kunden. Die Broken Records spielten eigentlich ein super Set, aber auf Grund der unpassenden Halle kam nicht wirklich Stimmung auf. Pierre hatte sich das Konzert komplett angesehen und war von der Musik ebenso begeistert – Indie-Folk-Rock in der Schnittmenge zwischen Arcade Fire, den Frames und Okkervil River. Bleibt die Hoffnung, dass Broken Records noch einmal zu einem richtigen Clubkonzert nach Hamburg kommen.

Danach zogen wir weiter ins Knust, wo Eagle*Seagull Solo unterwegs war. Solo bedeutet in dem Fall ein Mann mit Gitarre in Begleitung einer Dame an der Geige. Irgendwie war es aber dann doch zu ruhig, also langweilig, sodass wir recht schnell wieder gingen. Zurück in unsere geliebte O2 World on Tour. Hier spielte mittlerweile Niels Frevert, Hamburger Singer-Songwriter. Er passte mit seiner ruhigeren, doch auch pompösen Musik etwas besser in diese Sitzhalle und schaffte es trotz Streicherbegleitung nicht zu kitschig zu sein.

Weiter ging die wilde Fahrt zurück ins Docks zu Maplewood. Der Gang zurück auf die Reeperbahn lohnte sich aber nicht wirklich, denn erneut war es etwas langweilig, was die vier Mannen um Nada Surf Mitglied Ira Elliot lieferten. In einem kleineren, intimeren Club wäre es sicher besser gewesen.

So ging es wieder schnell weiter, diesmal ins Uebel und Gefährlich zu Reverend and the Makers. Hier war es nicht langweilig. Der sehr von sich übberzeugte Sheffielder spielte unterstützt von seinen Makers ein wunderbares, vor allem tanzbares Set. Das ist elektroangehauchter britischer Indie-Rock. „Reverend“ Jon McClure lockte das Publikum mit seinem Engagement aus der Reserve und wurde frenetisch bejubelt. Am Ende rief uns der Reverend dazu auf, ihm nach draußen zu folgen. Hier folgte auf dem Parkplatz ein kleines Akustik-Set solo – sicherlich der Kult-Moment des Reeperbahnfestivals. Vor allem die Engländer im Publikum waren begeistert und einige von ihnen den Tränen nahe. Reverend and the Makers sind auf der Insel durchaus eine Größe, zwei Nummer Eins Hits und politisches Engagement des Sängers hinterlassen bei der Masse durchaus ihre Spuren.



Den Gang nach draußen bezahlten wir mit Warterei in einer kaum vorankommenden Schlange zurück ins Uebel und Gefährlich zwischen einigen nörgelnden Menschen. Diesen hatten den Fehler gemacht, sich ausschließlich die bekanntesten Bands ausgeguckt zu haben und waren kaum irgendwo reingekommen – man beachte, an diesem Abend hatten soeben Deichkind in der Großen Freiheit gespielt. Wir kamen dann aber doch noch rein, im Club spielten bereits seit einigen Minuten Who Made Who. Die drei Dänen machten dort weiter wo Reverend McLure aufgehört hatte – mit sehr tanzbarer Gitarren-Elektro-Musik. Böse Zungen könnten sagen, das ist Deichkind, aber mit englischen Texten. Ich höre so was jedenfalls nicht zu Hause, doch live ist das wirklich ein großer Spaß. Einfach nur tanzen. Zum Schluss fällt der Strom für die Instrumente aus, stattdessen wird kurzerhand das Publikum zum Tanzen auf die Bühne eingeladen und es gibt ein reines Gesangs-Schlagzeug Stück. Danach tat es gut, wieder raus an die frische Luft zu kommen.

Freitag, 25. September 2009

Reeperbahnfestival 09 - Tag Eins

Zum zweiten mal innerhalb von zwei Monaten besuchte ich Hamburg. Erneut war ein Musikfestival der Grund des Besuchs. Nach dem Dockville im August stand im September das Reeperbahnfestival auf den Programm.

An drei Tagen treten neben international Bekannten Bands à la Editors, Dinosaur Jr. oder Deichkind vor allem junge aufstrebende Bands in denerschiedenen Clubs der Repperbahn auf.

Für uns begann das Festival am Donnerstagabend im Impereal Theater, wo normalerwesie keine Konzerte stattfinden. Hier trat Berry auf eine französische Sängerin, die musikalisch etwas an Carla Bruni erinnert. Die hübsche junge Dame brachte mit ihrem durchsichtigen Top mit tiefen Auschnitt und ihren netten Liedchen sicherlich einige norddeutsche Männerherzen zum schmelzen. Meines zwar nicht, trotzdem war es ein nettes Konzert.

Wir zogen weiter in (Zitat Pierre) Deutschlands schönsten Club, die Prinzenbar. Als wir ankamen spielte die norwegische Band Washington auch schon. Sie hätten ihrer Musik nach durchaus aus Portland, Oregon kommen können. Wunderbaren folkig angehauchten Rock mit einer Prise Pathos. Ein wunderschönes Konzert. Sicherlich eines der Höhepunkte des Wochenendes.

Sofort danach ging es weiter ins Docks zu Biffy Clyro. Die drei Schotten sind musikalisch nicht eindeutig zuzuordnen. Indie,(college-)Rock, Metal, Prog, Emo, von allem etwas dabei. Das relativ junge Publikum, das sich eingefunden hatte, war sehr textsicher und pogte sogar ein wenig. Große Dichter sind sie allerdings nicht, denn sie greifen doch sehr oft auf oooooh oooooh lalala Passagen zurück. Gute Musiker sind sie aber allemal.

Danach wollten wir eigentlich ins Molotow um uns Future of the Left anzuschauen, da es im Club aber so heiß war, gingen wir nach kurzer Zeit schon wieder zurück ins Impereal Theater. Eine relativ große Menschenmenge wartete davor und wir befürchteten schon nicht mehr reinzukommen.

Nach kurzen warten und drängeln waren wir auch schon drin um uns Au revoir Simone anzuschauen. Die drei Damen aus New York spielten auf Keyboard, Synthies und anderen elektronischen Tasteninstrumenten gemütliche Elektro-Musik. Die drei jungen Damen verspühten einen gewissen alternativen Indie-Hippie Charme und hatten sichtlich ihren Spaß. Doch etwas müde traten wir den Heimweg, gezwungernermaßen zu Fuß, an.