Sonntag, 28. Februar 2010

Ein langes Konzertwochenende – Teil 2

Das Wochenende fand am Sonntag Abend seinen Ausklang mit einer Band, die mit ihrem zweiten Album gerade den großen Durchbruch schafft. Vampire Weekend war zu Besuch in Hamburg, wegen großer Nachfrage war das Konzert vom Uebel & Gefährlich in Docks verlegt worden. Leser des Feuilletons des Süddeutschen Zeitung konnten einne sehr treffende Konzertkritik des Kölner Konzerts lesen (leider nicht online verfügbar), die ich auch für das Hamburger Konzert so unterschreiben würde. In zwei Sätzen zusammengefasst: die vier New Yorker sehen eher aus wie der Streber von Nebenan als wie Rockstars und machen dennoch mitreißende Musik. Das neue Album Contra ist zwar gut gelungen, doch vor allem live sind sämtliche Stücke des Erstlings Vampire Weekend einfach besser. Der Jubel in der Halle ist dennoch bei jedem Stück groß, das 75 minütige Set lässt den Zuhörer wunschlos glücklich nach Hause gehen mit der Feststellung: Die Band hat seit ihrer Tour zum ersten Album vor zweieinhalb Jahren deutlich an Live-Qualität hinzugewonnen.

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Hier die Playlist:


Am Montag Abend ging das Wochenende in die Verlängerung, und zwar mit der „Gruppe B“ der Rockliga des größten deutschen Kräuterschnapsherstellers. Man mag von der Veranstaltung halten was man will, sie bietet an einem Abend für einen sehr günstigen Eintrittspreis drei vorzügliche Indiebands. Heute: The Teenagers, Official Secrets Act und Hot Hot Heat.

Den Anfang machen The Teenagers mit ihrem etwas albernen, doch gut tanzbaren Elektro-Rock. Die Franzosen singen ihre Texte mit charmanten Akzent, die Musik lebt jedoch vor allem davon, dass sie das Publikum zum Abgehen animieren soll. Leider springt der Funke an diesem Abend nicht so richtig über. Das ist wohl nichts für einen Montagabend, an dem sich die meisten ob des vergangenen Wochenendes und der bevorstehenden Woche mit alkoholischen Getränken zurückhalten.

Official Secrets Act hatten mich bereits im vergangenen Jahr als Vorband von Art Brut auf Anhieb beeindruckt. Ihr musikalisches Genre kann man wohl als sehr tanzbaren Synthie-Rock bezeichnen, wobei der lange Schatten der 80er Jahre sich bemerkbar macht. Sänger Thomas Charge Burke hat eine sehr klare Stimme und scheut sich nicht, gelegentlich im Falsett zu singen. Teilweise wird der Glam sehr dick aufgetragen, doch die Grenze zur Geschmacklosigkeit wird nie überschritten – die zum Kitsch manchmal schon, gerade bei ruhigeren Songs. Insgesamt ist das aber eine Band, die Spaß macht. In meinen Augen der beste Auftritt des Abends.

Des „Tagessieg“ trug dennoch Hot Hot Heat davon. Im Vergleich zu den beiden anderen Acts des Abends sind die Kanadier wahre Rockveteranen, schafften sie doch ihren Durchbruch bereits 2003 mit dem sensationellen Album Make Up The Breakdown. Der Sound passte gut zur gerade aufkommenden New Wave Welle dieser Zeit und die fünf aus Vancouver bewiesen auch exzellente Live-Qualitäten. Ich sah sie bei der Tour zum 2005er Album Elevator im Karlsruher Substage, das war eines der besten Konzerte überhaupt, denen ich beigewohnt habe. Inzwischen scheint bei Hot Hot Heat die Luft ein wenig raus zu sein, was durchaus verständlich ist, da nach dem anfänglichen Hype der größere Durchbruch nicht gelang. Musikalisch ist das noch immer exzellente Kost, doch die frühere Begeisterung ist ein wenig flöten gegangen. Interessant ist bei neuen Stücken ein gewisser Hang zum Progressiven, der sich auch in der Live-Darbietung der älteren Stücke niederschlägt und manchen von ihnen gut bekommt. Man darf also gespannt sein auf das bestimmt bald erscheinende nächste Hot Hot Heat Album. Vielleicht findet ja die Band neuen Schwung, ich wünsche es ihr.

Samstag, 27. Februar 2010

Ein langes Konzertwochenende – Teil 1

Ich bin mit den Feinheiten der Organisation von Tourplänen nicht vertraut, doch es ist doch auffällig, dass es immer wieder Zeiten von extremer Konzertdichte gibt. Dann könnte man, wenn man liquide ist und Durchhaltevermögen besitzt, (fast) täglich ein Konzert besuchen. So war das am vergangenen Wochenende (und hätte auch in der Folge weitergehen können, wenn nicht eine Erkältung mir sämtlichen Elan genommen hätte). So besuchte ich innerhalb von fünf Tagen vier Konzerte.

Los ging es am Donnerstag Abend Im Uebel&Gefährlich, wo der Posterboy der New Yorker (Anti-) Folk-Szene Adam Green zu Gast war. Auffällig ist, dass fünf Jahre nach dem großen Hype um das 2005 erschienene Durchbruchalbum Gemstones und die Hitsingle „Emily“ noch immer ein sehr junges und zum Groupietum neigendes Publikum anwesend war. Meine Konzertbegleiter und ich hoben so den Altersdurchschnitt beträchtlich, zumindest im vorderen Teil des Saals. Dazu jedoch gleich mehr. Denn es gilt zunächst ein paar Worte zur überraschend guten Vorband Jukebox, the Ghost zu verlieren. Das sind drei junge Männer mit eklektischen Musikeinflüssen. Manche Stücke sind Gitarrenlastig, andere neigen mit der Dominanz des Klavier fast zum Rhythm-and-Blues (nicht R'n'B!). Insgesamt auf jeden Fall interessant, alles schnell und Musik für gute Laune. Sollte man auf dem Schirm behalten.

Adam Green kam dann betrunken auf die Bühne. Ich finde so etwas eigentlich sehr respektlos gegenüber dem (teuer) zahlendem Publikum, zumal der Künstler augenscheinlich sehr schwankte und auf der Bühne einige weitere Bier vertilgte (nicht ohne sich despektierlich zum Astra zu äußern, wohl wissend, was die Hamburger Jugend von ihrem „Kultbier“ hält). Gerade am Anfang war es primär der unbeirrbaren und sehr professionell-routiniert agierenden Band zu verdanken, dass alles rund lief. Schlussendlich konnte man dem guten Adam aber verzeihen, denn die Songs saßen, die Stimmung war gut und die Trunkenheit des Sängers war durchaus förderlich für eine gute Atmosphäre. So ließ sich Adam Green zu wiederholtem Crowdsurfing und betatschen der entzückten Fans hinreißen, die eine oder andere wurde auch mal abgeknutscht und wird sich wohl nie wieder die Zähne putzen. Neben den Hits der vergangenen Alben wurde (wenig erstaunlich) vor allem das neueste Album Minor Love bespielt. Dieses ist meiner Meinung nach das bisher beste des Künstlers, ist es doch auch musikalisch interessanter, während das frühere Werk doch hauptsächlich auf provokante Texte setzte. Hier ist der Einfluss von Devendra Banharts deutlich herauszuhören, dessen Umfeld bei der Produktion des Albums eifrig mitmischte.

Ich bin deshalb umso erstaunter über die bestehende Popularität Adam Greens beim kreischenden jungen Gemüse, die sich weder wirklich mit dem Aussehen des Sängers erklären lässt, noch durch seine für solche Anwandlungen besonders verdächtige Musik. Vielleicht ist es ein Hoffnungsschimmer für die musikalische Kultur der Jugend. Jedenfalls ein schönes Konzert.

Am Samstag begaben wir uns wieder etwas weiter in die Indie-Subkultur, da Everybody Was In The French Resistance...Now in der Prinzenbar zu Gast war. Bei dieser musikalischen Formation muss man ein wenig ausholen. Es handelt sich um ein Nebenprojekt des Art-Brut-Kopfes Eddie Argos, der sich mit seiner Freundin Dany Valdez, Pianistin von The Boold Arm, zusammengetan hat. Das Konzept der Band: Jeder Song ihres Albums Fixin' The Charts ist die Antwort auf einen (mehr oder weniger) bekannten Song der Popgeschichte. So zum Beisspiel „Billies Genes“ (recht offensichtlich) oder „G.I.R.L.F.R.I.E.N.“ als Antwort auf Avril Lavignes „Girlfriend“. Ohe die Erläuterungen des Sängers würde man die Verbindung jedoch meist nicht erkennen. Schlussendlich ist das die Fortsetzung der Art-Brut-Ideen mit anderen Mitteln. Statt geistreichem Sprechgesang untermalt von vorzüglichen Rockriffs ist dies geistreicher und popkulturell informierter Sprechgesang untermalt von groovigerer Musik. Also hauptsächlich was für Fans von Art Brut und Eddie Argos. Da ich mich dazu zählte war ich begeistert und sehr zufrieden mit meinem Konzertabend.

Morgen geht es weiter mit Teil 2 – Vampire Weekend und Jägermeister Rock Liga.

Weitere Fotos m Adam Green Konzerts Flickr.