Dienstag, 28. Juli 2009

Herman Düne

Mitten im Konzertsommerloch plötzlich ein kleines Konzerthighlight. Während man in diesen Sommermonaten vergeblich auf gute Clubkonzerte wartet (zu Recht – in potentiell vorhandener Sommerhitze macht ein Konzert im muffigen Club auch wenig Spaß), gab es letztes Wochenende doch ein kleines Zwischenhoch im Knust. Herman Düne kamen vorbei. Auch das Wetter spielte mit, es war eher frisch an diesem Abend – ausnahmsweise mal eine gute Sache.

Herman Düne ist eine unheimlich produktive Band aus Frankreich (!), deren Kern ursprünglich aus den Brüdern David-Ivar (auch: JJ) Herman Düne und André Herman Düne bestand. Letzterer hat aber inzwischen die Band verlassen und wurde durch den Schweizer Neman Herman Düne am Schlagzeug ersetzt. Unheimlich produktiv ist die Band, weil sie seit 2000 neun Alben herausgebracht hat, zudem mehrere EPs und zahlreiche Alben mit Nebenprojekten. Dieses erstaunlich große Werk hatte ich gar nicht richtig auf dem Schirm, als ich mich ins Knust begab und erwartete die übliche gute Stunde Musik, die man bei so einem Clubkonzert üblicherweise von der Hauptband serviert bekommt (vor allem bei einem abendkassenpreis von € 15,-). Das war falsch gedacht: es gab zwar keine Vorband, dafür spielten Herman Düne in über zwei Stunden ein famoses Konzert.

Aber fangen wir von vorne an. Die Musik von Herman Düne ist Folk, die Band wird gerne dem Genre Anti-Folk zugeordnet. Dies trägt ihrer Eigenschaft Rechnung, das Genre nicht allzu ernst zu nehmen und vor allem Ihren Texten – viele sind Liebeslieder – eine Prise Humor und Ironie einzustreuen. Herman Düne klingen musikalisch, als kämen sie direkt aus den USA, wenn man jedoch weiß, dass David Franzose ist, erklärt dies die manchmal ungewohnte Betonung mancher Phrasen. Unterstützt werden die beiden Kernmitglieder von Herman Düne vom Bassisten Ben Pleng.

Auf Platte plätschert die Musik teilweise ein wenig vor sich hin, sehr folkig halt. Live ist Herman Düne jedoch super. Es geht los mit zwei Akustiknummern von David alleine, dann kommen die beiden anderen hinzu. Es fällt auf, dass jedes Stück auf der Bühne in einem anderen Arrangement gespielt wird als auf den Alben – kein Wunder, denn dort wird auch gerne auf weibliche Gesangparts und Bläser zurückgegriffen. Das meiste wird auch etwas flotter gesielt. Es gibt Stücke aus dem ganzen Werk, auch ein paar neue Sachen (die letzte Platte ist ja immerhin bald schon ein dreiviertel Jahr alt). Die drei sind perfekt eingespielt, auf dem Schlagzeug werden bevorzugt die Toms genutzt. Der Bass hat eine prominente Rolle und trägt deutlich mehr zur Melodie bei als die üblichen Bassläufe. Dazwischen gibt es ausgedehnte Soli, doch auch mal leisere Töne. In der Mitte des Sets wird dann die Akustikgitarre gegen eine elektrische getauscht, gerade die Soli erhalten nun eine andere, etwas rockigere Qualität. Auch menschlich wirken die drei sehr sympathisch. Insgesamt sieht man ihnen den Spaß am Spielen an. Sonst hätten sie es auch keine 135 Minuten auf der Bühne aufgehalten. Davon war keine einzige langweilig. Schon wieder eine Band, die ich mir bei ihrem nächsten Besuch in Hamburg nicht entgehen lassen werde.

Von Herman Düne gibt es ein nettes Concert à Emporter von La Blogothhèque:


Mittwoch, 15. Juli 2009

Verregnet, kalt, doch trotzdem lohnenswert – Das Fest van Cleef in Northeim

Das Grand Hotel van Cleef ist ein Hamburger Musiklabel, das im Umfeld der beiden Indie-bands Tomte und KettCar entstanden ist. Letztere sind nicht nur die Zugpferde des Labels, deren Köpfe Thees Ullmann und Markus Wiebusch führen dieses auch und geben einigen sehr hörenswerten deutschen und internationalen Künstlern eine musikalische Heimat.

Jeden Sommer veranstaltet das Grand Hotel van Cleef in zwei bis drei deutschen Städten ein kleines Musikfestival, wo labeleigene und befreundete Musiker auftreten. In diesem Jahr fand die Veranstaltung in Essen, Freiburg und Northeim statt. Northeim ist eine kleine Stadt in der Nähe von Göttingen mit einer malerischen Waldbühne. Da ich so angenehme Dinge verbinden konnte fuhr ich also nach Northeim zum Fest van Cleef, um im Anschluss das Wochenende bei einer guten Freundin in Göttingen ausklingen zu lassen. Da ich an diesem Freitag auch arbeiten musste, verpasste ich leider die ersten drei, sicherlich auch sehr lohnenswerten Bands des Festivals, Gysbert von Knyphausen, Muff Potter und die Kilians (leider leider). Da dieser Tag jedoch auch von Dauerregen geprägt war, hatte ich durch meine etwas verspätete Ankunft an der Waldbühne sehr wertzuschätzenden Trockenheitsvorsprung gegenüber meinen Mitkonzertbesuchern.

Für mich begann der Konzertabend also mit den Kaliforniern von Why?, um Last FM zu zitieren eine „Hip-Hop und Indierock Band“. In der Tat sind die vier jungen Männer musikalisch schwer einzuordnen. Es handelt sich dabei tatsächlich eher um Sprechgesang, der von relativ psychedelischer Rockmusik begleitet wird. Interessant ist auch, dass das Drumset zwischen dem Sänger Yoni Wolf und dem eigentlichen Schlagzeuger aufgeteilt ist, wobei letzterer teilweise zusätzlich ein Vibraphopn bedient. Live hat die Musik etwas mehr Pepp als auf Platte, sodass dieses Konzert trotz des Regens Spaß machte. Das ist keine Musik, die man beim ersten Hören liebt. Doch hat man sich erstmal rein gefunden: super!

Danach ziehen wir uns für eine Currywurst unter die Bäume zurück (bringt allerdings keinen großen Schutz vor dem Regen), von wo wir auch das beginnende Konzert von Tomte verfolgen. Die intellektuell angehauchte Band von Thees Ullmann – eines der beiden Flagschiffe des GHvC-Labels – braucht man nicht mehr vorstellen. Tomte hat vor allem unter Indie-Nerds viele sehr treue Fans. Ich finde jedoch, dass die Band ein wenig überschätzt wird. Thees Ullmann ist ein ziemlicher Schwätzer (wobei er sich heute zurückhielt) und ich finde die Musik ein wenig langweilig. Dennoch sind ein paar ganz gut rockende Stücke dabei, als wir uns auch näher an die Bühne bewegt hatten, konnte man dazu ganz gut gegen Kälte und Nässe antanzen. Trotzdem, ein großer Tomte-Fan werde ich wohl nicht mehr.

Im Wesentlichen waren wir jedoch ohnehin für die Headliner des Abends gekommen: Element of Crime. Die Altmeister des deutschen Singer-Songwritertums mit inntellektuellem Anspruch um Frontmann und Trompeter Sven Regener waren an diesem Abend in Hochform. Es hatte inzwischen aufgehört zu regnen, sodass man sich voll dem Genuss der Texte und Weisheiten Herrn Regeners hingeben konnte. Ich bin kein großer Element of Crime Kenner und noch in der Entdeckungsphase, doch ich muss sagen, dass ich an diesem Abend sofort zum Fan wurde. Die Kombination aus Zynismus, Ironie und Witz – das ganze exquisit musikalisch untermalt – ist in der aktuellen deutschsprachigen Popmusik unerreicht. Das – vermutlich aufgrund der Wetterverhältnisse – nicht außerordentlich zahlreich erschienene Publikum war angetan, jubelte angemessen und wurde dafür auch mit drei Zugabenrunden gelobt. Wie schön, dass ich Element of Crime in einem Monat beim Dockville Festival wieder sehen werde!