Ich habe in den vergangenen Wochen folglich einige sehr schöne Konzerte erlebt, von denen die meisten auch eine ausführlichere Würdigung verdient hätten. Leider fehlen mir durch berufliche Verpflichtungen und Privatvergnügen die Zeit und der Elan, dies zu tun, sodass hier ein kurzer Überblick reichen muss.
Los ging es gleich am ersten des Monats mit dem Konzert eines der Helden der jüngeren Geschichte des Indie-Rocks. Carl Barât stellte im Uebel&Gefährlich sein gar nicht so übles erstes Soloalbum vor, spickte sein Set jedoch zur Freude der Konzertbesucher auch mit einigen Libertines-Songs sowie „Bang Bang Your Dead“ von seiner zweiten Band Dirty Pretty Things. Ein Konzert, das ich trotz Übermüdung aufgrund einer sehr intensiven Party am Vorabend sehr genoss.
Am Freitag der selben Woche gönnte ich mir gleich ein Konzertdoppelpack, ermöglicht durch die Angewohnheit des Docks, Wochenendkonzerte immer extrem früh beginnen zu lassen. Es spielten Heroen des Emo-/alternative-Rocks der späten 90er und frühen 00er Jahre: Jimmy Eat World. Wie der Rest des Publikums im ausverkauften Docks war ich begeistert von der Setlist dieser fast zweistündigen Darbietung, denn der Schwerpunkt lag deutlich auf de älteren Sachen. Anschließen ging es direkt ins Molotow zur Party anlässlich des fünfjährigen Jubiläums der Partyreihe Misshapes. Hier spielte die kanadische Queer-Indie-Truppe Hidden Cameras. Die Truppe um den in Berlin wohnhaften Joel Gibb verbreitete hier die passende Stimmung für diese schon recht homophile Party.
Dieses erste Novemberwochenende endete am Sonntag Abend ebenfalls wieder im Molotow mit dem Konzert von Frightened Rabbit. Auf diese Band bin ich durch ihre Labelmates We Were Promised Jetpacks aufmerksam geworden, deren Auftritt beim Dockville Festival eines meiner persönlichen Höhepunkte gebildet hatte. Die Musik von Frightened Rabbit ist ähnlich, atmosphärischer Indie-Rock. Ansonsten ist die Truppe sehr sympathisch, unüberhörbar schottisch und vor Spielfreude strotzend.
Mitte des Monats wurde nachgeholt, was eigentlich für Mai geplant war und damals abgesagt wurde. Tokyo Police Club waren in der Stadt und spielten im Uebel&Gefährlich. Die Band aus Toronto hat vom Sound her eine gewisse Ähnlichkeit mit den Strokes. Ansonsten verhält sich Tokyo Police Club zu ihren Vorbildern wie Toronto zu deren Heimat New York: eine Nummer kleiner, ein paar Jahre jünger, etwas weniger cool und gleichzeitig menschlicher und sympathischer.
Einen Abend später war ich zurück im Uebel&Gefährlich. Das heute Konzert war ausverkauft und damit deutlich besser besucht als das am Vorabend. Augenscheinlich haben sich Angus & Julia Stone mit ihrer ruhigen Folkmusik inzwischen ein größeres Publikum erspielt. Der Auftritt des überaus sympathischen und eher schüchternen Geschwisterpaars aus Australien war es jede Minute Wert, den stickigen Club und die Rückenschmerzen vom langen Stehen zu ertragen. Das ist der Preis für eine langes, kuscheliges Set.
Zu Interpol am folgenden Freitag bin ich dann extra nach Berlin gefahren. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen, zumal ich bei den Konzerten der Band im März vorübergehend nicht in Hamburg sein werde. Auch ohne Carlos Dengler bleiben Interpol eine richtig gute Liveband, inzwischen wird sogar (ein wenig) mit dem Publikum interagiert. Der Schwerpunkt des Sets lag an diesem Abend neben einigen Songs vom aktuellen Album deutlich auf den älteren Stücken, was mich sehr gefreut hat. Ich war aber schon überrascht, dass „The Heinrich Maneuver“ nicht gespielt wurde. Hier die Setlist. Immer wieder eine Reise Wert, wer weiß wie lange es die Band noch gibt.
Letzte Woche schließlich ließ ich mich dazu hinreißen, für ein Umsonst-Konzert der Ting Tings eineinhalb Stunden in der Eiseskälte Schlange zu stehen, um noch ins Grünspan eingelassen zu werden. Das Set war zwar kurz und knackig, doch die Hits des Debütalbums sowie zwei neue Stücke waren dabei, und beim Tanzen wurde einem auch wieder warm.
Letzten Freitag dann gab es einen weiteren Konzerthöhepunkt zu bestaunen. Two Door Cinema Club, für mich die Newcomerband des Jahres, waren zum zweiten Mal in diesem Jahr in Hamburg. Beim ersten Mal noch im Molotow zu Gast, gelang es den vier jungen und eher unscheinbaren Briten nun das Docks auszuverkaufen. Mit Tourist History ist Two Door Cinema Club auch ein klasse Album gelungen, voller tanzbarer zeitgemäßer Indierockhits, de nicht vor einem kleinen Schuss Elektro zurückschrecken. Wie mitreißend die Songs sind konnte man an diesem Abend im Docks erleben. Ich habe selten erlebt, dass in einem Club dieser Größe fast durchgehend bis in die hinteren Reihen getanzt wurde. Nach 55 Minuten, während derer das komplette Album, eine B-Seite und ein neuer Song gespielt wurden, war der Spaß auch schon vorbei. Aber mehr haben die halt noch nicht.