Eigentlich war alles gut durchgeplant: Rückkehr von einer Geschäftsreise am späten Nachmittag, um mich gemütlich auf das Konzert am Abend vorzubereiten. Leider ging etwas schief: Ich verpasste den Flug in Paris, sodass Muse gerade begonnen hatte zu spielen, als ich in der Color Line Arena ankam. Ich verpasste deshalb das (wie ich danach hörte) spektakuläre Opening des Sets, als ich meinen Platz im Innenraum der Arena einnahm erklangen gerade die letzen Töne von „Resistance“, dem zweiten Stück.
Lange hatte ich darüber nachgedacht, ob ich die gut 50 Euro für dieses Konzert investieren sollte – so lange, dass ich fast keine Innenraumkarte mehr bekommen hatte. Umso erstaunter war ich, wie wenig Zuschauer in diesem Hallenbereich standen. Man konnte sich besser nach vorne arbeiten, als bei jedem mittelgroßen Clubkonzert. Schlussendlich war ein Standort nicht allzu nah an der Bühne ohnehin angebracht, denn Muse hatten bezüglich der Showelemente geklotzt, es empfahl sich, ein Blick aufs Gesamte zu behalten: Drei Türme, auf denen die drei Mitglieder der Band nach belieben in die Höhe gefahren werden konnten – der Schlagzeugerturm war gar um 360° drehbar – und wieder im Bühnenboden verschwanden. Die Türme dienten gleichzeitig als Projektionsfläche für Videoinnstallationen, auch die Lichteffekte waren nicht von schlechten Eltern. Dazwischen konnten die drei Herren von Muse, allen voran Sänger Matt Bellamy, bestens posen. Für die Augen war also einiges geboten.
Auch an der Musik gibt es nichts auszusetzen. Wer den Sound von Muse mag, kommt auf seine Kosten. Mit ihrer Mischung aus Indieriffs, Metal- und Progelementen sowie dem Bombast des 80er-Jahre Rocks (auch Queen wird auf dem neuesten Album zitiert) haben die Briten längst den Mainstream erobert. Der Schwerpunkt des Sets liegt noch stärker als ich gedacht hätte auf dem aktuellen Album The Resistance. Die Stücke, die mich auf Platte nicht alle gänzlich überzeugten, wirken live exzellent. Allen voran „United States of Eurasia“ und „Unnatural Selection“. Einzig die Ouverture der Exogenesis-Symphony wirkt als erste Zugabe etwas Fehl am Platz, es kommt naturgemäß zu viel aus der Konserve. Übrigens wird Muse auf der Bühne während des ganzen Konzerts von einem vierten Mann am Keyboard unterstützt, der aber weitgehend im Dunkeln bleibt.
Beim Publikum kommt ohnehin eher Begeisterung auf, wenn älteres Material gespielt wird. Auch für mich die Höhepunkte des Sets: „Cave“, sowie „Knights of Cydonia“ als krönende letzte Zugabe mit (nichts gerade originellem, aber durchaus passendem) Spiel-mir-das-Lied-vom-Tod-Intro. Danach konnte eigentlich nichts mehr kommen. Ein etwas längeres Set hätte ich mir für mein Geld schon gewünscht, zumal einige Songs, mit denen ich fest gerechnet hatte („Muscle Museum“) fehlten. Ich hätte dafür gerne auf Teile der aufwändigen Bühnenshow verzichtet.
Ein wenig zwiegespalten bin ich bezüglich der Stimmung in der Halle. Einerseits brauchte man nur um sich zu blicken, um die glücklichen Gesichter im Publikum zu sehen. Die allermeisten freuten sich augenscheinlich, da zu sein, alle Zuschaer auf den Rängen standen. Dennoch kam nicht wirklich Stimmung auf. Ob das an der Location oder an der komplett durchgestylten Show lag kann ich nicht beantworten. Clubkonzerte sind jedenfalls authentischer. Das Geld war’s zwar wert, doch mein primäres Ziel bei einem Konzertbesuch ist die Musik – wenn sie gut ist wirkt sie auch ohne Show.